Markus Kienzl mit neuem Album: "Three"
Bei Markus Kienzl muss man ausholen, denn der Wiener Musikproduzent hat in seiner bisherigen Karriere schon einiges abgeliefert: Er komponierte u. a. Musik für den „Tatort“, die Wolf-Haas-Verfilmung „Das ewige Leben“, die dritte Staffel der Sky-Serie „Der Pass“, „Die Ibiza Affäre“ und zuletzt unterlegte er die gelungene Dokuserie "Metrokosmos" des Wiener Filmemachers und Fotografen Timo Novotny mit Beats. Die Serie, die in fünf Folgen das Wesen von fünf verschiedenen Städten (darunter auch Wien) anhand des Lebens in und um deren U-Bahn-Systeme beleuchtet, kann, nein, muss man sich ansehen – abrufbar im Internet unter arte.tv oder am Smart-TV via Arte-App
Diese Tracks für die Serie sind nun auch Teil der Deluxe-Version von „Three“, der neuen (und wie der Name schon sagt) dritten und (vorerst) leider nur digital (unter anderem auf audiophilen Plattformen wie Qobuz) erhältlichen Soloplatte von Markus Kienzl. Bevor wir aber zu dieser kommen, müssen wir uns kurz noch mit den Sofa Surfers beschäftigen, einer Formation, die Mitte der 1990er-Jahre von Wolfgang Schlögl, Wolfgang Frisch, Michael Holzgruber und eben Markus Kienzl ins Leben gerufen wurde. Ihr Debütalbum „Transit“ (1997) klingt heute noch frisch, aktuell, wegweisend und nach einer gelungene Melange von geerdeten Bassläufen, Synthesizer-Spielerein im Studio und am Computer im Homeoffice zusammengesetzten Klangcollagen; einer zurückgelehnten Mixtur von dubbigen, düsteren und in Richtung juveniler Rebellion gebürsteten Trip-Hop-Beats und sanften Acid-Jazz-Einschüben. Damit bildeten die Sofa Surfers im Fahrwasser von Kruder & Dorfmeister (K&D) die Speerspitze des neuen Wiener Sounds. Im Gegensatz zu K&D, die kürzlich 25 Jahre „The K&D Sessions“ gefeiert haben, ist es rund um die Sofa Surfers seit 2017 still geworden.
Dunkelheit
Bei all den Arbeiten, die Markus Kienzl über die Jahre abgeliefert hat, kann man einen roten Faden ausfindig machen: Es ist die Dunkelheit. In den Tracks von Markus Kienzl ist es immer Nacht oder geht gerade die Sonne unter. Sein seit Freitag vorliegendes Album „Three“ macht diesbezüglich keine Ausnahme. Kienzl macht darauf das, was er am besten kann: Er konstruiert düstere Klangwelten, in die man sich verlieren kann, die aufwühlen und phasenweise bedrohlich wirken.
Die Bässe sind satt, drei Stockwerke tiefer gelegt, entfalten ordentlich Druck. Dazu gibt es Störgeräusche, Weltuntergangsstimmung und Ambient-Geplätscher aus der Konserve. Auf diesem stabilen Fundament dürfen sich die Gäste auf dem Album ausprobieren, drüberrappen, wie man sagt, ihre persönlichen Geschichten erzählen. Einer davon ist Oddateee, ein Rapper, der in New York und Lyon lebt. Er darf „Three“ mit „Confused“ eröffnen und darin die Schattenseiten von Social Media-Plattformen aufzählen. Mit dem danach folgenden, nach Massive Attack klingenden und in Richtung Tanzfläche schielenden „Chained“ hat die österreichische Sängerin Saedi ihren ersten großen Auftritt. Großartige Nummer, das. Danach legt MC Semtex seine raue Stimme über angesagte Trap-Beats („Lifestyle“).
Fesselnd
Die Gästeliste auf „Three“ wird dann mit der Sängerin Loretta Who komplettiert. Sie liefert sich in („Blurred“) ein Match mit Oddateee, der danach in „I Often Wonder“ wieder solo ans Mikro darf und sich dabei über Klimawandelleugner und Trump-Fans wundert. Am Ende dieser von harten Beats und schweren Themen begleiteten Reise steht Saedis Version von „Wonderful World“. Ironie geht kaum besser.
Markus Kienzl ist mit seinem neuen Album ein großer Wurf gelungen. Viele der 13 Tracks klingen nach internationaler Erfolgsgeschichte: Der 51-jährige Wiener liefert mit seinen Gästen auf „Three“ düstere und fesselnde Rapmusik, punktet mit vertracktem Pop, clubtauglichen Downbeat und beklemmender Hintergrundmusik für Zombie-Filme oder Ego-Shooter-Spiele.
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