"Macbeth" von Salvatore Sciarrino bei den Salzburger Festspielen

Davide Giangregorio, Iris van Wijnen, Leonardo Cortellazzi, Alice Rossi, Otto Katzameier (v. li. n. re.).
Von Helmut Christian Mayer
„Macbeth“: Da denkt man in erster Linie an Shakespeare und Verdi. Diese musikalisch höchst erfolgreiche Produktion dieses schwarzen Musikdramas (UA 1847) aus dem Vorjahr wird bei den heurigen Salzburger Festspielen auch wiederaufgenommen. Aber 150 Jahre später zeigte Salvatore Sciarrino (1947 in Palermo geboren) den großen Mut, sich erneut auf das Drama von Shakespeare einzulassen und auch das Libretto selbst zu verfassen. Dabei hielt er sich stark an den Text des Urhebers, komprimierte diesen gegenüber Verdi aber immens und erzählt die Geschichte in „drei Akten ohne Namen“ auf ganz eigene Weise.
Jetzt ist das 2002 in Schwetzingen uraufgeführte Musikdrama, bei dem es in erster Linie um das Innere der beiden Hauptfiguren geht, im Rahmen der „Ouverture spirituelle“ bei den Festspielen in der vollen Kollegienkirche konzertant zu erleben.
Kraft durch Reduktion
Musikalisch ist die Oper das pure Gegenteil zu Verdis dramatischer Wucht, denn es setzt auf Reduktion, auf die leisen und sparsamen Register und den intimen Kammerton – und auf postserielle Klangästhetik. Das Orchester flirrt, jammert, weint und erzeugt ein lautmalerisches Klanggemälde, die einzelnen Stimmungen wiedergebend. Es ist ein Teppich aus leisen bis zum vierfachen Piano, insistierenden, x-fach sich wiederholenden Motiven, Anblasgeräuschen, Haltetönen, aber auch harten Akzenten des Schlagzeugs. Auch kurze Zitate von Mozart oder Verdi sind zu hören. Manchmal jedoch, wenn etwa die Lady dem Wahnsinn verfällt oder zum Finale, werden Sequenzen zu langatmig ausgewalzt. Die komplexe Partitur wird vom zweigeteilten Klangforum Wien, das teils auch unsichtbar hinter einer Barriere sitzt, unter dem präzisen Dirigenten Vimbayi Kaziboni konzentriert und gekonnt musiziert.
Wie schon bei der Uraufführung und auch danach mehrfach ist der Bariton Otto Katzameier, diesmal kurzfristig eingesprungen, wieder in der Titelrolle zu erleben. Er singt einen intensiven Macbeth mit einer großen stimmlichen Bandbreite.
Erschütternd sind jene Szenen, mit denen er seine Angstzustände zu bewältigen versucht. Alice Rossi ist eine flexible Lady Macbeth. Die kleineren Partien sind ideal besetzt – mit Leonardo Cortellazzi (Banquo/Geist), Davide Giangregorio (Duncan/Macduff) sowie Iris van Wijnen (in vier Rollen). Eine Hauptrolle kommt auch dem sechsköpfigen Chor Cantando Admontzu, der immer wieder Stimmgabeln benutzend, voll konzentriert und sauber singt. Heftiger Applaus!
Kommentare