Lydia Night mit Debütalbum "Parody of Pleasure"

Lydia Night
Die US-Musikerin Lydia Night legt ihr Debütalbum als Solokünstlerin vor.

Lydia Night. Der Name sagt einem erst einmal nichts. Nachdem man die Suchmaschine seines Vertrauens um Hilfe gebeten hat, wird einiges klarer: Aha, das ist die Sängerin bzw. war die Sängerin von The Regrettes. War deshalb, weil sich die von Knight im Alter von 15 Jahren gegründete Band 2023 aufgelöst hat.

Eigentlich schad’ drum, denn das Quartett aus dem sonnigen Kalifornien hatte durchaus ihre guten Momente. Das lag an dem durchaus geglückten Spagat zwischen den Stühlen: The Regrettes agierten nämlich im Grenzbereich zwischen Gute-Laune-Pop, Garage-Punk und Retro-Rock mit 50- bzw. 60er-Feeling. Sie waren im „Alternative Radio“ ebenso zu Hause wie in der Mehrzweckhalle oder den vom Aussterben bedrohten Dorf-Discos. Ihre Songs drängten dabei gerne auf die Tanzfläche. Und genau dort siedelt die mittlerweile 24-Jährige auch die 13 neuen Lieder als Solokünstlerin an. Das dazugehörige Album nennt sich „Parody of Pleasure“ und ist ein wilder Ritt durch Musikstile und Lebenskrisen.

Fehlende Wärme

Die Platte beginnt schwungvoll mit „Pity Party“ – angetrieben von einer druckvollen Bassdrum. Die Melodien gehen ins Ohr, das Lied ist tadellos produziert und hat enormes Hit-Potenzial. Inhaltlich geht es um Stimmungsschwankungen und Einsamkeit – trotz 460.000 Follower auf Instagram. Und Night weiß, dass gegen Einsamkeit auch keine 145 Whatsapp-Nachrichten helfen, die man in einer schlechten Stunde an „Freunde“ verschickt. Und auch die 120.000 Likes auf ein TikTok-Video machen einen nicht nachhaltig glücklich. Wer zwischenmenschliche Wärme sucht, wird sie online nicht finden.

Lydia Night

Lydia Nights Debüt wurde größtenteils von Alexis Kesselman produziert, die kürzlich auch Suki Waterhouse betr. Während die der britischen Schauspielerin, die mit Robert Pattinson verheiratet ist, einen getragenes, melancholisches Soundkostüm auf den Leib schneiderte, hat sie sich bei Night für die wesentlich aufgekratztere Version entschieden. Dass – abgesehen von Kesselman – bei der Produktion des Albums kaum jemand mitgeredet hat, sie kaum oder keine Kompromisse mehr eingehen musste, sei künstlerisch sehr befreiend gewesen, wie sie im Pressetext zitiert wird. Lydia Knight konnte also endlich machen, was sie wollte. Rausgekommen ist ein astreines Popalbum, das sich in Sachen Soundästhetik nicht wirklich festlegen möchte. In „The Hearse“ trifft eine aggressiv in Punkrock-Manier angeschlagene Bassgitarre auf Trap-Beats. In „Little Doe“, dem zweiten von insgesamt 13 Songs, wird eine windschiefe Orgelmelodie von Hip-Hop-Beats abgelöst. Das erinnert stark an Missy Elliotts „Work It“.

Samen

Während Night bei The Regretts noch die Gitarre gespielt hat, verzichtet sich auf ihrem Debüt eher darauf. Wenn Gitarren auftauchen, wirken sie meistens flach, zu Tode poliert – dienen bloß als Lückenfüller. Das ist schade. Da wäre mehr gegangen.

Wohin Night mit diesem Debüt genau möchte, ist nur selten klar erkennbar. Vielleicht streut sie damit einfach einmal ein paar Samen aus, um zu beobachten, welche Pflanzen daraus wachsen.

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