„Lucia di Lammermoor“: Adela Zaharia ist wahnsinnig gut
Adela Zaharia meistert die Wahnsinnsarie mit Bravour.
Von: Helmut Christian Mayer
In ihrem weißen, blutgetränkten, zerrissenen Brautkleid schleppt sie sich mit verschmierten Händen herein, nachdem sie den ihr aufgezwungenen Ehemann ermordet hat, um dann mit glasklarer Stimme und perfekten Koloraturen die mit extremen Schwierigkeiten und mit fast unsingbaren Höhen gespickte „Wahnsinnsarie“ zu singen: Adela Zaharia ist bei der Wiederaufnahme von Gaetano Donizettis „Lucia di Lammermoor“ an der Staatsoper eine phänomenale, heftig umjubelte Titelheldin.
Die aus Rumänien stammende, 38-jährige Sopranistin singt bei ihrem Rollendebüt im Haus am Ring die Glanzrolle mit großer Leidenschaft und Schmerz. Sie brilliert aber nicht nur in dieser Arie, in der sie in einen intensiven Dialog mit der Glasharmonika tritt, sondern auch sonst: Jede Höhe und jede Nuance sitzt, und sie weiß auch zarte, innige Piani auszuformen.
Wenig skrupellos
Auch sonst sind lauter Rollendebütanten zu hören: Bekhzod Davronov verfügt als Edgardo über einen schönen Tenor, verheißungsvoll mit feinen Lyrismen, reich an Emotionen und ungefährdeten Höhen, für das Haus wirkt seine Stimme jedoch etwas zu klein. Mattia Olivieri singt den Enrico, den Bruder von Lucia, mit seinem Bariton kraftvoll, wirkt aber insgesamt wenig skrupellos.
Der indisponiert angesagte Adam Palka singt einen gutmütigen Priester Raimondo. Bei den kleineren Partien singen der intrigantisch agierende Carlos Osuna als Normanno sowie Isabel Signoret als Alisa solide. Mit feinem Tenor hört man den eingesprungenen Daniel Jenz als Arturo.
Der Chor singt meist homogen und klangschön. Der unerschöpfliche musikalische Reichtum wird vom Staatsopernorchester unter Roberto Abbado vor allem im lyrischen Bereich mit feinsinnigen Ausdrucksmöglichkeiten farbenreich und klangschön musiziert. Manche dramatische Stellen wirken jedoch etwas zahm.
Die Inszenierung von Laurent Pelly aus 2019, dem als Inspirationsquelle eine Verfilmung von Edgar Allan Poes „The Fall of the House of Usher“ diente, tut zwar nicht weh, ist aber ziemlich nichtssagend: Schneehügel, durchsichtige Paravent-Elemente und in der Wahnsinnsszene ein roter Teppich. Zwischendurch schneit es, die Sänger stehen verloren herum. Eine Personenführung ist nicht auszumachen. Viele Bravi für die Sänger!
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