Künstliche Intelligenz gegen Mensch: Die Auflösung zum Literaturexperiment

Künstliche Intelligenz gegen Mensch: Die Auflösung zum Literaturexperiment
Eine KI und ein Autor schrieben je eine Kurzgeschichte. Die Online-Abstimmung, welcher Text von wem stammt, war erstaunlich knapp.

Zwei Texte ohne Autorenangabe. Einer stammt von einem menschlichen Schriftsteller. Einer stammt von einer Künstlichen Intelligenz (KI). Kann man da unterscheiden, welcher Text von der Maschine, welcher vom Autor ist? Diesen Versuch startete der KURIER am vergangenen Sonntag. Autor Daniel Wisser und eine KI gingen ins Textduell, der KURIER druckte die Kurzgeschichten ab, ohne die Autorenschaft zu verraten, die KURIER-Leserinnen und -Leser konnten abstimmen.

Das Experiment und die beiden Texte zum Nachlesen gibt es hier: Erkennen Sie, welche dieser Kurzgeschichten von der Künstlichen Intelligenz geschrieben wurde?

Das Interesse war groß: Mehr als 1000 Stimmen wurden auf KURIER.at/kultur abgegeben. Das Ergebnis aber war denkbar knapp: 52 Prozent der Userinnen und User stimmten dafür, dass der Text „#Dissonanzen: Eine Dekonstruktion in sieben Akten“ von der KI stammt, 48 Prozent sagten, der Text „Im falschen Stück“ war von ihr.

Künstliche Intelligenz gegen Mensch: Die Auflösung zum Literaturexperiment

Zugleich rief der KURIER auf, per eMail ausformulierte Argumentationen einzusenden. Auch hier gab es reges Interesse – und viele interessante Ansätze. 

Bemerkenswert daran ist, dass die eingesandten Leserstimmen fast vollständig das entgegengesetzte Ergebnis zur Online-Abstimmung aussprachen: Die KI habe „Im falschen Stück“ geschrieben, denn der Text „Dissonanzen“ „sieht für mich viel zu offensichtlich nach einem Computer generierten aus“, schrieb eine Leserin. Daniel Wisser „ist der Verfasser der ,#Dissonanzen...’. Er seziert das Theater auf unnachahmliche Weise, ist technikaffin und führt mich als Leser straff an der Hand – in eine eher beängstigende Zukunft. Das kann nur ein Mensch, das kann nur Daniel Wisser“, schrieb ein Leser.

"Ganz unvorstellbar ist es mir nicht, dass künftighin auch KI derartig sprunghaft Unerwartbares und dennoch Sinnvolles erzeugen könnte, wie in Version 1 („#Dissonanzen“, Anm.), aber momentan scheint es doch auch mir für KI unmöglich“, schrieb ein anderer Leser. „Dem ebenso schlauen wie witzigen Daniel Wisser sind beide Texte zuzutrauen“, schrieb ein anderer, der sich dann auch auf die „#Dissonanzen“ festlegte.

Eine gegenteilige Stimme: „Ich denke dass ,Im falschen Stück’ von Daniel Wisser geschrieben wurde. Die Geschichte hat einen roten Faden und die Emotionen sind besser geschrieben“, hieß es in einer weiteren Zuschrift.

Die Auflösung

Die Online-Abstimmung lag, knapp, aber doch, richtig: Der Text „#Dissonanzen: Eine Dekonstruktion in sieben Akten“ wurde von einer KI verfasst, der Text „Im falschen Stück“ von Daniel Wisser. „Man sieht daran, welche Art von Texten die Maschine imitieren kann – und was sie nicht kann. Das ist letztlich das Gute an unserem Versuch“, sagt Wisser im Interview zum Experiment (siehe unten).

Dass das Ergebnis aber alles andere als eindeutig ist, gibt den Fragen rund um die Künstliche Intelligenz und ihren Einfluss auf unser Leben ein bisschen mehr Pfeffer: Dass mithilfe dieser neuen Technologie Aspekte des Berufslebens revolutioniert werden können, war klar. Was aber heißt es für die Kultur, dass KI auch in das kreative Schaffen des Menschen derart hineinpfuscht, dass ihre Produkte kaum von jenen des Menschen zu unterscheiden sind?

Weiterlesen: Daniel Wisser im Interview über das Experiment - und wie wir die KI dazu gebracht haben,  Literatur zu schreiben 

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