„Frau Bausch wollte das so haben“: Der Klassiker "Nelken" bei ImPulsTanz

46-216990889
Pina Bauschs legendäres Stück beendet das Gastspiel des Tanztheaters Wuppertal in Wien

von Silvia Kargl

Mit dem Gastspiel von Pina Bauschs legendärem Tanztheaterstück „Nelken“ endet am 20. Juli das erfolgreiche Gastspiel des Tanztheaters Wuppertal bei ImPulsTanz im Burgtheater.

Am Beginn bat Intendant Karl Regensburger um eine Gedenkminute für den Ex-Burgtheaterdirektor Claus Peymann. Die mit rosa Stoffnelken bedeckte Bühne (Bühnenbild Peter Pabst) wirkt in dieser Minute wie ein großes Grab.

Schön ist die Welt

Am 27. Juli wäre Pina Bausch 85 Jahre alt geworden. „Nelken“ beweist in der geglückten Einstudierung von Silvia Farias Heredia und Eddie Martinez, beide tanzten noch unter Bausch, welche Aktualität das zweistündige Stück heute noch besitzt. „Schön ist die Welt“ singt Richard Tauber, vom Tonband erklingt Franz Lehárs Lied auf der Bühne, die in diesen Momenten noch ein idyllisches, unberührtes Nelkenfeld zeigt.

Am Ende werden die meisten Nelken malträtiert und zertreten am Boden liegen, von Menschen in Auseinandersetzungen um Macht und Ringen um Liebe und gesellschaftliche Anerkennung zerstört. Wobei Hoffnung bleibt, wenn einzelne Blumen weiterhin aufrecht stehen und die Tänzerinnen und Tänzer durch ihre gemeinsamen Wurzeln im Tanz zueinanderfinden.

46-216990890

Hier sind auch die einzigen Sätze zu hören, die der scheidende Intendant des Tanztheater Wuppertal, Boris Charmatz, vom Original geändert hat. Sie betreffen die Fragen nach dem persönlichen Zugang zum Tänzerberuf. Es ergibt Sinn, dass sie individuell beantwortet werden.

Andrey Berezin gibt den älteren Mann, der als Regisseur im Theater wie im Leben seine Macht demonstriert, immer wieder unvermutet einen Reisepass sehen will. Auch er unterliegt einer Kontrolle und wird nur kurz frei von seinen Zwängen sein.

Neue Generation

Glaubhaft schlüpft die neue Tänzergeneration in große Vorgaben der Bausch, vermag die Härte und Gewalt zwischen Texten und Choreografie zu vermitteln. Da geht es um Abrechnungen mit autoritären Erziehungsmethoden, um Grenzkontrollen, die auf das 1982 noch geteilte Deutschland verweisen, um Demütigung und Raum füllende Männlichkeit, die durch die fantastischen Kleider gebrochen wird, die Marion Cito einst kreiert hatte: genderfluid konnte das Theater schon 1982 sein.

Am Ende steht eine von der trans Tänzerin Naomi Brito angeführte Bewegungslinie, die die vier Jahreszeiten heraufbeschwört: „Frau Bausch wollte das so haben“, sagte ein Tänzer zuvor in einer Szene mit einer Probensituation. Auch dieser Satz fiel schon im Original. Silvia Kargl

Kommentare