Komponist Gander: "Es klingt, wie wenn die Erde weint“
Zum nebenbei Kaffeetrinken sind seine Klangkreationen sicher nicht geeignet. Schließlich bedarf es einer bewussten Entscheidung, um moderne Musik zu hören.
Bernhard Gander, Jahrgang 1969, ist akademisch ausgebildeter Komponist, ein bunter Hund in der Neue-Musik-Szene und ein großer Heavy-Metal-Fan.
So beziehen sich manche seiner Stücke für Kammerbesetzung oder Orchester auf Bands wie Motörhead, Iron Maiden und AC/DC.
Viel Heavy Metal im Kopf
Früher einmal war er begeisterter Jazzfan und wollte nur mehr Jazz hören, dann nur noch Klassik und dann die totale Avantgarde. Und jetzt?
Jetzt gefalle ihm „fast zu viel“. Jetzt habe er sicher „sehr viel mehr Heavy Metal im Kopf als klassische Musik“.
Als Rebell sieht sich der gebürtige Lienzer nicht, sollte doch das Genre Neue Musik seiner Ansicht nach „per se schon rebellisch sein“. Aber er wehrt sich aus Prinzip „gegen musikalischen Stillstand und prätentiöse Langeweile“ und findet grenzüberschreitendes Arbeiten mit Rappern, DJs und Techno „sehr spannend“.
Konket führte die intensive Auseinandersetzung mit Death und Black Metal zum Versuch, diese Spielarten in seine Arbeit zu integrieren. So hat er bei einem Kompositionsauftrag des Ensemble Modern einen Metal-Drummer und eine Singstimme einbezogen – und sich die Frage gestellt: „Wie kann ich meine Lieblingsmusik mit meinem Handwerk zusammenbringen?“
Thema Apokalypse
„Oozing Earth“ wird bei den Wiener Festwochen mit dem Ensemble Modern, dem Extrem-Drummer Kevin Paradis und Attila Csihar, dem auch unter dem Namen Void bekannten Sänger der Kult-Band Mayhem, am 13. 9. im MuseumsQuartier, Halle E – vor einem Auftritt der US-Avantgarde-Metalgroup Gravetemple – aufgeführt.
Dabei spielt „das Orchester genau nach Noten, da gibt es keine Improvisation“, so Gander. „Sonst ist nichts fixiert außer Anfang und Ende der Passagen, außer technische Anweisungen für den Drummer und Anmerkungen für den Sänger in verschiedenen Phasen wie: Tiefere Klänge, schmutzige Sounds, schneller Text oder eher melodiös.“
Inhaltlich gehe es um Endzeitliches: Er habe sich einen Klang vorgestellt, „wie die Erde, die krank ist und anfängt zu heulen und zu weinen. Die Klima- und die später gekommene Coronakrise passen leider gut in dieses Konzept hinein.“
Textlich habe er sich an der Bibel orientiert, konkret an der Apokalypse. Wobei dem Wahlwiener alles Inspiration sein kann. Zuletzt hat er sich etwa bei „Totenwacht für Stimmen“ (2016) intensiv mit den Themen Tod, Verwesung, Gewalt und Rache beschäftigt, die sonst eher ausgeblendet werden.
Mit Vollgas
Übrigens: Durchkomponiertes mit Leerstellen gab es von Gander auch schon 2011 bei den Wiener Festwochen bei der Uraufführung von „melting pot“ für Rapper, DJ, Slam-Poet, Beat-Boxer, Breakdancer, Video und Orchester in einer zur Rocking Mall umfunktionierten Shopping Mall im Donauzentrum.
Also DJ + Orchester, Elektronik + Orchester plus Slam-Poetry. Wie es Gander gern hat: Sehr rhythmisch, zum Mitwippen – und alles „volle Batterie“.
Kommentare