Die Unterwasserwelten von Michael Stavarič

Mit „Faszination Krake“ hat der in Wien lebende Autor Michael Stavarič 2021 ein Buch vorgelegt, auf das scheinbar viele sehnsüchtig gewartet haben. Denn es wurde nicht nur vielfach ausgezeichnet, sondern auch von der Kritik gefeiert. Warum? Weil es zeigt, dass man Sachbuchthemen auch anders, unterhaltsam, fast beiläufig vermitteln kann. Dieser Erfolg war der Startschuss einer Reihe, dessen vierter Band kürzlich veröffentlicht wurde.

Michael Stavarič, Michèle Ganser:„Faszination Wale“. Leykam.144 Seiten. 26,50 Euro
KURIER: Mit „Faszination Wale“ liegt nun der vierte Teil einer Reihe vor, die welcher Idee folgt?
Michael Stavarič: Am Anfang war die Idee, Wissensvermittlung als abenteuerliche Reise zu präsentieren. Ich hatte zuvor einige Kinderbücher gemacht, die zwar Fakten präsentierten, aber vordergründig doch unterhaltsame Geschichte erzählten. Mit der Faszination-Reihe begab ich mich dann auf ein neues Terrain – ich wollte zeigen, dass alles mit allem zusammenhängt. Und dass man ausgehend von einzelnen Tiergattungen über alles sprechen kann, um die Welt und den Weltraum verständlicher zu machen. Ich suchte nach einem abenteuerlichen Plauderton, nach einem Mitmach- und Mitdenkbuch, ich wollte Kinderliteratur schaffen, die auch Erwachsene begeistert.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Tiere aus, und warum sind es bisher ausschließlich Meerestiere?
Das Meer repräsentiert auf unserem Planeten das letzte große Abenteuer – wir wissen mehr über den Mond bzw. das Sonnensystem als über die Tiefsee. Außerdem bleibt das Meer ein Sehnsuchtsort von uns allen, vielleicht ja auch, weil alles Leben aus dem Wasser stammt, so bekanntlich die vorherrschende Theorie. Wenn man also über den Ozean nachdenkt, kann man sich mit allen großen und kleinen Fragen der Welt auseinandersetzen. Dem gesamten Mikro- und Makrokosmos. Zur Auswahl kann ich nur sagen, dass ich regelmäßig Vorschläge von Kindern erhalte, worüber sie im nächsten Band was lesen wollen. Derzeit scheinen Seepferdchen und Pinguine die Nase vorne zu haben, wenn es um Band 5 geht. Wer ein anderes Thema möchte, sollte mir dringend schreiben.

Michael Stavarič
Woher beziehen Sie das Wissen über die Meerestiere?
Ich kenne mich mit Tieren grundsätzlich schon gut aus, schaue viele Naturdokus, lese diesbezügliche wissenschaftliche Arbeiten, Aufsätze, Beiträge in Magazinen etc. Im Detail bringt aber jedes Buch eine intensive Recherche mit sich, wo ich mir selbst das Wissen erst aneignen muss. Danach bin ich in der Lage, etwas darüber zu erzählen, und kann mir eigene und weiterführende Gedanken machen. Es bleibt die Aufgabe der Literatur, Geschichten zu erzählen – in diesem Fall müssen sie allerdings faktisch überprüfbar sein.
Sie vermitteln in ihren Büchern Wissenschaft spielerisch. Kommt das in den Schulen zu kurz?
Ich denke, dass die spielerische Aneignung von Wissen im Unterricht zu kurz kommt. Und schon gar nicht wird darauf Wert gelegt, dass das Lehrpersonal in mehreren Disziplinen ausgebildet ist. Ein solches Bildungssystem würde ich mir allerdings wünschen. Lehrerinnen und Lehrer, die grundsätzlich alle Fächer unterrichten können, und die obendrein über die sozialen und emotionalen Kompetenzen verfügen, um Schülerinnen und Schüler für die Wissenschaften zu begeistern. Außerdem sollten „Gastdozenten“ von der Grundschule an normal sein, die stetig frische Sichtweisen und neue Strategien der Wissensvermittlung einbringen. Im Grunde hätten wir alle Möglichkeiten, wir müssten nur das Bildungssystem völlig neu denken.
Wird man als Autor von Kinderbüchern immer noch zu wenig erst genommen bzw. zu oft belächelt?
Es ist etwas paradox – als Kinderbuchautor wird man von Romanciers/Dichtern usw. mitunter belächelt, warum man so viel Zeit in Bücher für jüngeres Publikum steckt. Ich verfasse allerdings regelmäßig formal anspruchsvolle Romane, Essays und Lyrik für Erwachsene. Sobald ich dann wieder ein Kinderbuch schreibe, kommt mir vor, dass einen auch die Kinderbuchautoren misstrauischer betrachten. Als müsste man sich in unserer Gesellschaft für die eine oder andere Seite entscheiden: Entweder schreibt man für Erwachsene oder eben für Kinder. Wer überall beheimatet sein will, bleibt suspekt. Aber für mich ist alles unterm Strich nur eine literarische Disziplin, die sich in Komplexität und Ausarbeitung kaum voneinander unterscheidet.
INFO: Michael Stavarič, Michèle Ganser: "Faszination Wale". Leykam. 144 Seiten. 26,50 Euro
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