Kabarettistin Malarina im Interview: "Die Hälfte des Kuchens reicht nicht aus"

Ist seit Jahren sehr erfolgreich mit ihrem Programm „Serben sterben langsam“ unterwegs: Malarina
Für den Kultursommer Wien hat Malarina zum ersten Mal das Kabarett-Programm zusammengestellt. Ein Gespräch über Männerhumor und (unsichtbare) Humorarbeiterinnen.

Marina Lacković alias Malarina ist eine der gefragtesten Kabarettistinnen des Landes. Mit ihrem mehrfach preisgekrönten Programm „Serben sterben langsam“ füllt die 34-Jährige seit Jahren Spielstätten in Österreich und Deutschland. Die ursprünglich aus Serbien stammende Österreicherin nimmt bei ihren Auftritten die heimische Politik, „Yugo“-Klischees und Mentalitäten auseinander. Im Zentrum ihrer Auftritte steht dabei auch immer das Verhältnis der Mehrheitsgesellschaft (Bio-Österreicher) zu Minderheiten.

Für den am 27. Juni startenden Kultursommer Wien (kultursommer.wien) hat Malarina in diesem Jahr zum ersten Mal das Kabarett-Programm zusammengestellt. Dafür konnte sie aus exakt 119 Einsendungen wählen. Daraus haben es 69 Acts schlussendlich ins Programm geschafft.

Bei ihrer Auswahl habe die Kabarettistin, wie sie im KURIER-Interview sagt, „versucht, jede Einreichung auf sich wirken zu lassen und auch Acts, die ich bereits kannte, mit einem Schritt mehr ,Abstand‘ zu betrachten. Mir war es ein Anliegen, fair zu sein und abzubilden, wofür Wien steht.“

KURIER: Wie schwer ist Ihnen die Auswahl gefallen?

Malarina: Das Schwierigste war, die unterschiedlichen Arten der Einreichung in meiner Wahrnehmung zu vereinheitlichen. Newcomer haben zum Beispiel immer sehr wenig Videomaterial, aber das soll niemanden daran hindern, sich zu bewerben. Der Kultursommer war für mich damals auch der dritte oder vierte bezahlte Auftritt als Kabarettistin.

Was hat Sie bei den Einsendungen überrascht, was ist Ihnen positiv aufgefallen, was hat Sie gewundert?

Positiv aufgefallen ist mir, dass so viele unterschiedliche Arten der Humorarbeit in Österreich vertreten sind. Ich bin den etablierten Kolleginnen und Kollegen innen dankbar für ihre Einsendungen, da diese wichtig sind, um das Festival gut besucht zu wissen, und ich finde es schön, dass Stars der Szene dem Kultursommer treu bleiben. Auch Newcomer durfte ich entdecken, und garantiert ist auch der ein oder andere Shootingstar dabei, die aktuelle Förderpreisträgerin Maria Muhar zum Beispiel.

Gibt es im Programm gleich viele Kabarettistinnen wie Kabarettisten? Mussten Sie eine vorgegebene Quote einhalten beziehungsweise erfüllen?

Nicht auf die Zahl genau, aber es ist annähernd ausgeglichen. Nein, ich musste keine Quote erfüllen.

Sie sind ein Aushängeschild der heimischen Kabarettszene. Wie schwierig war es für Sie, so weit nach oben zu kommen? Wie sehr ist man dabei auf Förderung seitens der Spielstätten bzw. Veranstalter angewiesen?

Klar ist man darauf angewiesen, auftreten zu dürfen, man braucht nun mal eine Bühne und da muss man überzeugen. Wenn man den Spielplatz aber einmal hat, dann ist Hauptförderer eines jeden Kunstschaffenden das Publikum. Bei mir sind mehrere Würfel günstig gefallen. Mein Thema hat weit mehr Publikum angesprochen, als ich selbst gedacht hätte. Ich habe mein Programm nicht mit der Berechnung geschrieben, dafür Preise zu bekommen und gefeiert zu werden, sondern weil mich das Thema lange beschäftigt und bewegt hat.

Welchen Tipp haben Sie für den Kabarett-Nachwuchs?

Schreibe über das, was dich bewegt, und glaube an deinen Text.

Wie würden Sie die aktuelle Situation am heimischen Kabarettmarkt beschreiben?

Das österreichische Kabarett hat Tradition und Qualität – wir haben Idole wie Josef Hader. Ich freue mich darüber, dass der Markt langsam vielfältiger wird, und ich wünsche mir, dass alle Humorfarben und Subgenres des Kabaretts ihr Publikum finden.

Das Kabarett wird immer noch von Männern dominiert. Warum ist das so?

Ein strukturelles Problem vieler Jahrzehnte. Einem breiten Publikum wurden sehr, sehr lange hauptsächlich Männer vorgestellt. Wenn Frauen vertreten waren, dann haben diese häufig aber Männerhumor bedient, warum? Weil eben Männer die Entscheidungsträger waren und leider zu einem großen Teil noch immer sind. Die Hälfte des Kuchens (von dem wir weit entfernt sind) reicht nicht aus, wir brauchen die Hälfte der Bäckerei.

Verwunderung herrschte und herrscht unter Kabarettistinnen über das neue Intermezzo-Festival, das an drei Tagen keine einzige Kabarettistin im Programm hat. Die Begründung: Jene Kabarettistinnen, die eine Staatsoper füllen könnten, haben abgesagt. Sie auch. Wie beurteilen Sie diese Debatte?

Ich wurde nicht gefragt, aber an einem dieser Tage spiele ich im Theater im Park und ich hätte realistisch in dieser Verkaufszeit nicht die Staatsoper füllen können.

Viele sind der Meinung: Qualität setzt sich immer durch. In diesem Fall wäre es so, dass es einfach zu wenig „gute“ Kabarettistinnen in diesem Land gibt. Wie schätzen Sie die Sache ein?

Woher wollen wir den wissen, wie viele gute Humorarbeiterinnen es gibt, die wir nicht kennen, da wir sie nicht kennen? Das wird jetzt fast philosophisch, aber es ist halt so. Qualität bedeutet nicht immer Breite, und es gibt viele begabte Kolleginnen, die viel mehr Fläche verdient hätten, als ihnen angeboten wird – das liegt an dem oben genannten strukturellen Problem mehrerer Jahrzehnte.

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