Jamie Lee Curtis, "Freakier Friday" und der verschrumpelte Apfel

FREAKIER FRIDAY
Nach 40 Jahren Karriere wird Jamie Lee Curtis endlich ernstgenommen. Bei einem Pressetermin zu "Freakier Friday“ erklärte sie, warum sie nicht mehr eitel ist.

Normalerweise ist Geduld nicht die größte Stärke von Hollywood. Wenn sich die Fortsetzung eines lukrativen Films auszahlt, dann wird die möglichst rasch produziert. Und dann noch eine. Dass man 22 Jahre lang wartet, kommt nicht so oft vor. Bei „Freakier Friday“ war das eigentlich notwendig. Denn in Teil eins, „Freaky Friday“ aus 2003, tauschte Lindsay Lohan als rebellischer Teenager Anna den Körper mit ihrer Mutter Jamie Lee Curtis. Lohan musste erst alt genug werden, um mit einer eigenen Tochter den magischen Wechsel vollziehen zu können.

Aber natürlich ist auch Jamie Lee Curtis wieder als Mutter Tess mit dabei. Sie war sogar die treibende Kraft hinter dem Sequel. Auf keinen anderen Film ihrer Karriere sei sie so oft angesprochen worden mit der Hoffnung auf eine Fortsetzung, erzählt sie. Deswegen habe sie schon alle möglichen Verantwortlichen genervt und ab kommenden Freitag ist das Ergebnis dieser Kampagne im Kino zu sehen.

Curtis ist sich sicher, dass auch „Freakier Friday“ sein Publikum finden wird: „Ich habe damals nicht erwartet, was für ein gigantischer Hit der Film wurde. Er berührt ein universelles Thema, das sich über alle Kulturen, alle Grenzen, jeden sozio-ökonomischen Status erstreckt: Versetz dich in meine Lage und bilde dir erst dann ein Urteil.“

Wirklich alle Witze

Curtis landet auch diesmal wieder im Körper eines Teenagers, diesmal in dem von Lily, der verhassten Bald-Stiefschwester von Annas Tochter. „Das ist eine wunderschöne junge Frau, mode- und designbesessen. Wenn so jemand in einem Körper wie meinem aufwacht, hat sie keinen guten Tag“, scherzt Curtis bei einer Pressekonferenz vergangene Woche. „Ich habe das Drehbuchteam ermutigt, alle Witze über mein Alter zu machen, die ihnen einfallen, weil ich da wirklich nicht mehr eitel bin.“

Wenn Lily also als Tess erwacht, lautet einer ihrer ersten entsetzten Schreie: „Wo sind ihre Lippen?“ Das war Curtis’ Idee: „Ich hatte immer dünne Lippen. Aber wenn man 66 Jahre alt ist und solche Lippen hat, sieht man aus wie ein eingeschrumpelter Apfel.“ Und so hat Tess ihre erste Begegnung mit einem Kosmetikprodukt, das Lippen aufplustert. Sehr aufplustert.

Mit grotesk üppigen Lippen wurde Jamie Lee Curtis kürzlich für ein vieldiskutiertes Interview im „Guardian“ fotografiert. Denn auch wenn sie einen Freibrief dafür gegeben hat, sich über ihr gealtertes Erscheinungsbild lustig zu machen, hat sie doch einiges über den Beautykult jüngerer Frauen zu sagen.

FREAKIER FRIDAY

Endlich wieder Kohlehydrate: Tess (Jamie Lee Curtis) und Lily (Sophia Hammons) haben die Körper getauscht.

Natur „ausgelöscht“

Da sprach sie von einem „Genozid, den die Schönheitsindustrie verursacht“: Mit dem ihr eigenen einschüchternden Selbstbewusstsein betonte sie, dass sie das provokante Wort absichtlich verwende, denn ihrer Meinung nach wurde eine oder zwei Generationen von Frauen „verstümmelt“ und ihr „natürliches, menschliches Aussehen“ mit chirurgischen oder chemischen Mitteln „ausgelöscht“. Die Ironie, dass gerade ihr Ko-Star in „Freakier Friday“, Lindsay Lohan, zumindest zugegeben hat, Botox zu verwenden, ist Curtis bewusst. Aber einmischen will sie sich nicht: „Sie ist eine voll funktionsfähige Frau, die ihre eigenen Entscheidungen trifft.“

Für Lohan ist der Film ein Comeback auf die Leinwand – Jamie Lee Curtis hingegen war nie weg. Aber erst seit wenigen Jahren wird sie als ernsthafte Schauspielerin angesehen. Das zeigt nicht zuletzt der Oscar, den sie 2023 für „Everything Everywhere All at Once“ bekommen hat.

SEQUEL TO "FREAKY FRIDAY"

Am Set: Jamie Lee Curtis (wahrscheinlich links) und Lindsay Lohan haben den Tausch-Auftrag sehr ernst genommen.

Feiern mit „Der Exorzist“

Dabei hatte sie mit dem Schlimmsten gerechnet: Weil sie mitansehen musste, wie ihre Eltern Tony Curtis und Janet Leigh im Alter immer bedeutungslosere Rollen bekamen, versuchte sie, sich auf dieses Schicksal einzustellen: „Ich wollte die Party verlassen, bevor ich nicht mehr eingeladen werde.“ Bei der Pressekonferenz erzählte sie dann aber eine andere Anekdote aus dem Familienleben: Teenagersein bedeutete im Hause Curtis nämlich, dass bei der Party zum 15. Geburtstag „Der Exorzist“ gespielt wurde.

Noch wichtiger war ihr aber, darauf hinzuweisen, dass „Freakier Friday“ zum großen Teil von Frauen gemacht wurde: Von der Regisseurin über die Produzentinnen, die Kostüm- und die PR-Abteilung bis zu den vier Hauptrollen. „Es ist wichtig, dass so ein Film neue Standards setzt, weil das für andere Frauen den Weg ebnen kann.“

In Kürze wird Jamie Lee Curtis übrigens in die Fußstapfen einer sehr berühmten Detektivin treten: Sie wird die von Angela Lansbury einst kongenial verkörperte Jessica Fletcher spielen – die Krimiautorin, die auch echte Morde löst. Deren Wahlspruch in „Mord ist ihr Hobby“ war damals: „Ich könnte mich irren, aber ich bezweifle es.“ Ein Satz, der einer Jamie Lee Curtis sicher geschmeidig über die – dünnen – Lippen geht.

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