Intendant und Dramaturg Reinhard Urbach 85-jährig gestorben

Er war ein echter Kenner des Theaters, ein Allrounder, der in der Analyse und der praktischen Bühnenarbeit gleichermaßen profund war: Reinhard Urbach, einstiger Chefdramaturg am Burgtheater und über 15 Jahre hinweg Leiter des Theaters der Jugend, ist, wie erst jetzt bekannt wurde, am 5. September im Alter von 85 Jahren verstorben. „Mit ihm verlieren wir einen außergewöhnlichen Theaterwissenschafter, Dramaturgen, ehemaligen Leiter und eine prägende Persönlichkeit des österreichischen Kulturlebens“, hieß es in einer Aussendung des Theaters der Jugend vom Montag.
Von Weimar nach Wien
Urbach, 1939 in Weimar geboren, studierte Theaterwissenschaft, Germanistik und Geschichte in Köln, Bonn und Wien. Nach seiner Promotion begann er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Österreichischen Gesellschaft für Literatur, 1975 gründete er das Literarische Quartier in der Alten Schmiede in Wien und war auch dessen erster Leiter. Zu jener Zeit fungierte Urbach nicht zuletzt als Literaturreferent im Kulturamt der Stadt Wien, bevor er 1979 die Reihe „Literatur im März“ initiierte. Unter Achim Benning wurde er bereits 1977 auch Mitglied der Dramaturgie des Burgtheaters, die er von 1979 bis 1986 - bis zum Amtsantritt von Claus Peymann - leitete.
„Ich war unkündbar im Burgtheater, hätte bleiben können, hätte dann aber in irgendeinem Ausgedingezimmerchen überleben müssen“, schilderte Urbach einmal im „Presse“-Interview seinen Rückzug.
SPÖ-Bürgermeister Helmut Zilk habe zudem angefragt, ob er sich nicht für das Theater der Jugend bewerben wolle. Das tat Urbach auch, übernahm 1987 die Künstlerische Leitung, 1988 dann auch die Geschäftsführung. „Es war eine sehr mühsame Arbeit“, erzählte Urbach im Rückblick. „Ich habe alte Strukturen nicht zerhauen, ich hab versucht, sie langsam zu dem zu ändern, was ich mir vorgestellt hab.“
Für junges Publikum
Urbach führte eine kinderbezogene Dramaturgie ein, mutete den Kindern neue ästhetische Zugänge zu, zeigte Aufklärungsstücke, für die er von konservativer Seite viel Kritik einsteckte. Bis 2002 leitete Urbach, dessen Sohn Ferdinand als kaufmännischer Geschäftsführer des einstigen Theaters an der Gumpendorfer Straße (TAG) in die Fußstapfen des Vaters trat, das Theater der Jugend, bevor er sich in den Ruhestand begab.
Parallel hatte der Literatur- und Theaterfachmann immer wieder Vortragsreisen unternommen und seit 1990 auch am Institut für Theaterwissenschaft gelehrt. Er publizierte u.a. über das Burgtheater und die Wiener Komödie und gab Bände zu Gerhard Fritsch und Johann Nestroy heraus - und nicht zuletzt über Arthur Schnitzler, mit dessen Werk Reinhard Urbach eng verbunden war. Im Vorjahr schenkte er dem Arthur-Schnitzler-Archiv im deutschen Freiburg sein Vermächtnis.
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