Haim mit "I Quit": Loslassen kann sehr schön sein

Die Band Haim posiert in glitzernden Kleidern vor einer Wand.
Die US-Band verarbeitet einige Trennungsschmerzen auf ihrem neuem Album. Das klingt aber nicht nach Weltuntergang, sondern nach Aufbruch - und neuer Liebe.

Ein Nein kann befreiend sein: Nein, so sicherlich nicht. Nein, nicht mit mir. Ich beende das jetzt – eine Beziehung, einen Vertrag, die Arbeit. Mit „I Quit“ legte das Schwesterntrio Haim aus Kalifornien kürzlich das passende Album dazu vor. Darauf sind 15 Songs zu hören, die sich mit dem Loslassen beschäftigen. „Wir haben festgestellt, dass jedes einzelne Lied ein Thema gemeinsam hat: das Aufgeben von etwas, das für uns nicht mehr funktioniert“, sagt die 33-jährige Alana Haim, die jüngste der drei Haim-Schwestern, die sich 2013 zu einer Band formiert haben.

Ihre musikalischen Fertigkeiten haben sie mehr oder weniger zuhause gelernt, bei ihren Eltern, mit denen sie – als Rockinhaim – auch gemeinsam Rock-Klassiker coverten. Nach der Veröffentlichung ihres Debütalbums „Days Are Gone“ war schnell klar, dass Mama und Papa erst einmal warten müssen, denn die eigene Karriere wird länger dauern. Ihre im Pop-Gewand daherkommende Gitarrenmusik ist einerseits massentauglich, anderseits auch sehr anspruchsvoll. Aufgefallen ist das auch bereits anderen – wie etwa Calvin Harris („Pray To God“) oder Taylor Swift, die sich für ihren Song „No Body, No Crime“ Unterstützung von Haim holte. Aber diesen Support hätten Haim gar nicht nötig gehabt – sie wären auch so zu Popstars aufgestiegen.

Während es auf „I Quit“ inhaltlich eine klar erkennbare Stoßrichtung gibt, geht es klanglich wesentlich divergenter, diffuser zur Sache. Bei diesem frisch klingenden Mix stellen Haim erneut ihr Popwissen unter Beweis: Es sind smart arrangierte Lieder, die einem eine Vielzahl an Anspielungen liefern, Rätsel aufgeben und Codes transportieren, die man in den Sommerferien entschlüsseln kann, wenn man will. So wird gleich zu Beginn, im Song „Gone“, ein Sample von George Michaels „Freedom! ’90“ ins Zentrum gestellt.

Nur Mut

Neben softeren Popsongs („All Over Me“) hört man Elemente ganz unterschiedlicher Genres wie Alternative Rock („Now It’s Time“), 90er-Jahre R&B („Relationships“), Dance-Pop („Spinning“) und Country („The Farm“) sowie – nicht zum ersten Mal – den Einfluss von Fleetwood Mac („Take Me Back“). Es gibt Gospel-Chöre, locker geklopfte Bongos, metallische Drums und Disco-Verweise. Obwohl einige Lieder nie zünden, sich im Nirgendwo verzetteln, an einem gemächlich vorbeiziehen – ohne Aufmerksamkeit zu generieren– ist das Album gelungen. Es ist formidabler Pop-Rock, der trotz des ganzen Trennungsleids den Kopf nicht hängen lässt: Nur Mut, für einen Neuanfang ist es nie zu spät. Manchmal muss man eben loslassen, um Platz für etwas Besseres zu schaffen. 

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