„Nur Großformate in Schwarz, Weiß und Grau“ lautet das schlichte Motto, zu dem Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder und Kuratorin Elsy Lahner 15 Positionen, zwei davon von Künstlerpaaren, versammelten.
Die meisten erhalten – ebenso wie in der parallel stattfindenden Präsentation der Sammlung Jablonka – eigene Kompartimente, Künstlerräume, die eine gewisse Vertiefung in Stil und Arbeitsweise erlauben. Sonja Gangl ist etwa mit ihren akribisch genauen Zeichnungen menschlicher Augen vertreten, aber auch mit ihrer Serie „Auf Papier festgehalten–Ende“, für die sie jeweils die Schlusseinstellungen bekannter Filme abzeichnete.
Bilder ein Stück weit der Alltagsrealität zu entrücken, sie zu fixieren und in gewisser Weise nachzuschärfen – darin liegt eine der Stärken zeitgenössischer Zeichnung, die sich ihre Nische weit jenseits des Skizzierens und raschen Festhaltens eingerichtet hat. Wie Albertina-Direktor Schröder betonte, sind die meisten versammelten Künstlerinnen und Künstler in professionellen Studios tätig und finden ihre Motive nicht in der freien Natur, sondern in Unmengen an fotografischem Quellenmaterial: Robert Longo ist mit seinen hyperrealistischen Kohlezeichnungen von Details aus Sigmund Freuds Wohnung oder der Klagemauer in Jerusalem ein exemplarischer Vertreter dieser Praxis.
Die erste Ausstellung Longos in der Albertina (2003) war wohl auch eine der Initialzündungen für eine verstärkte Hinwendung zu großformatigen Zeichnungen in der Sammlungspolitik des Museums.
Auf die diesbezügliche Historie des Hauses angesprochen, holt Schröder wohl Jahrhunderte aus: Schon der Sammlungsgründer Albert von Sachsen-Teschen (1738 – 1822) habe große „bildhafte Zeichnungen“ gesammelt, und auch der berühmte Dürer-Feldhase sei als eigenständiges Kunstwerk konzipiert gewesen und nicht als Entwurf. Vorbereitende Zeichnungen großer Meister zu sammeln, sei überhaupt erst recht spät in Mode gekommen.
Die Wertschätzung handwerklicher Meisterschaft verbindet die historischen Bestände nun mit den Erwerbungen, die in „Schwarz Weiß & Grau“ zu sehen sind: Wer die Effekte bestaunen will, die Kohlestift, Bleistift und Schraffur zu erzeugen vermögen, ist hier richtig.
Doch die Sorte Zeichnung, die hier versammelt ist, hat noch Ambitionen darüber hinaus: Sie drängt bei Fritz Panzers aus Draht geformtem Klavier in den Raum, sie übersiedelt bei Eduard Angelis Venedig-Ansichten vom Papier auf die Leinwand, und sie wird in William Kentridges „Schattenprozession“ tatsächlich zum Kinoerlebnis. In diesem Sinn spiegelt „Schwarz Weiß & Grau“ wohl auch die Mentalität der Albertina wider, die sich unter ihrem Langzeitdirektor seit 1999 selten mit tradierten Grenzen zufrieden gab.
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