Gratisbuch wird ab sofort verteilt: "29 Kurzgeschichten aus Wien"

Die 19. Auflage von "Eine Stadt Ein Buch." zeigt sich ganz anders als sonst: 29 prominente Autorinnen und Autoren schrieben aktuelle Texte.

Eine STADT. Ein BUCH: 29 Kurzgeschichten statt eines Starautoren

"Eine Stadt. Ein Buch. Aber viele Autoren." - so müsste die Wiener Gratisbuchaktion im Corona-Jahrgang heißen.

Das thematische Spektrum der "29 Kurzgeschichten aus Wien", die ab Freitag (13.11.) gratis verteilt werden, ist groß: Von den Kriegserinnerungen der Wiener "Omama" (Milena Michiko Flasar) über den "Finger des Kaisers" (nämlich den, der Leiche von Karl V. ausgerissenen, kleinen Finger, über den Franzobel schreibt) bis zu einer Wiener Liebesgeschichte, in die sich wie ein dumpfes Echo aus der Vergangenheit antisemitische Töne mischen (Julya Rabinowich).

Seit 2002 wird im Herbst jeweils ein Titel eines bekannten internationalen Autors nachgedruckt und in einer Auflage von 100.000 Stück abgegeben. "'Eine Stadt. Ein Buch.' ist die größte Gratisbuchaktion der Welt", schreibt Bürgermeister Michael Ludwig im Vorwort des neuen Bandes, in dem er den Start der über Sponsoren finanzierten Buchaktion fälschlich ein Jahr vorverlegt. "Zu meiner großen Freude probieren die Veranstalter - das echo medienhaus - heuer etwas Neues. Statt einen internationalen Starautor oder eine Starautorin nach Wien zu bringen, luden sie dieses Jahr Wiener Dichterinnen und Dichter ein, Kurzgeschichten zu schreiben. Erstmals erhalten die Wienerinnen und Wiener also ein Buch mit komplett neuen Texten, das es in dieser Form später auch nicht mehr geben wird."

Öko-Märchen

Die Liste der Autorinnen und Autoren ist ebenso eindrucksvoll wie die Vielfalt an Themen. Manfred Rebhandl liefert in "Der kleine Fratz" ein Öko-Märchen, in dem ein kleines Mädchen ihrem Opa Umweltbewusstsein beibringt und später zur ersten Wiener Bürgermeisterin gewählt wird. Wie bei vielen Märchen gibt es freilich auch eine bitterböse Pointe. Barbi Markovic bringt in "Das Kitzelmonster" dem Leser das Gruseln bei, Petra Hartlieb gelingt in "Ausgesperrt" eine zarte, ungewöhnliche Geschichte über die Annäherung zweier Menschen. Nicht Wien ist das verbindende Element, sondern die große dichterische Kraft, die in den in dieser Stadt wohnenden Schriftstellern steckt.

Kurz-Krimi

Stefan Slupetzky ("Bummabunga"), Julian Schutting, Doron Rabinovici und Renate Welsh sind ebenso mit dabei wie Bettina Balaka, Gustav Ernst, Thomas Brezina und Kurt Palm. Es gibt persönliche Erinnerungen (Max Gruber etwa erinnert sich in "Hey Baby" an den Hütten-Abschlussabend einer von Wolfgang Bauer 2001 in St. Anton geleiteten Schreibklasse und bringt dabei auch "Aprés-Ski und Pandemie" zusammen) und Kurz-Krimis wie "Der Tote in der Neilreichgasse" von Andreas Pittler. Von der Anfang Oktober 92-jährig gestorbenen Schriftstellerin Lida Winiewicz findet sich eine Geschichte ("Frau Raab"), Thomas Stangl hat gleich "Eine Handvoll sehr kurzer Geschichten" abgeliefert. Laura Freudenthaler hat ihren Text "Der heißeste Sommer" geschickt, mit dem sie heuer beim Klagenfurter Wettlesen den 3sat-Preis gewann.

Bachmann-Preisträger Tex Rubinowitz bringt in seiner 1985 spielenden Short Story "Ich höre Farben" die Künstler Markus Kippenberger, Albert Oehlen, Werner Büttner und Oswald Oberhuber, den Regisseur Oliver Hirschbiegel sowie Blixa Bargeld, Prince und Falco unter. Von ihm stammt auch die schöne Cover-Zeichnung. Und wäre das nicht überhaupt eine gute Idee für 2021: ein Gratisbuch mit Comics und Graphic Novels aus Wien?

INFO: "29 Kurzgeschichten aus Wien", echomedia buchverlag, 368 Seiten, Alle Verteilstellen finden sich auf www.einestadteinbuch.at

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