"Götterdämmerung“ in Erl: Subtiles Kammerspiel mit großem Klangzauber

"Götterdämmerung“ in Erl: Subtiles Kammerspiel mit großem Klangzauber
Bejubelte „Götterdämmerung“ von Richard Wagner bei den Tiroler Festspielen in einer intelligenten Inszenierung und mit viel Klangpracht zum „Ring“ Finale.

Von Helmut Christian Mayer

Blicke, Mimik, subtile Gesten und ausgefeilte Bewegungen faszinieren den ganzen Abend. Und sie sind ein typisches Markenzeichen von Brigitte Fassbaender in der „Götterdämmerung“ von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“, der jetzt bei den Tiroler Festspielen in Erl wiederaufgenommen wurde. Die ehemalige große Sängerin - auch von vielen großen Wagnerpartien - erzählt die Geschichte des Endzeitdramas als reduziertes, kluges und immer klares Kammerspiel mit vielen Ideen und Details. 

Dabei werden die Protagonisten immer am Libretto und an der Musik geführt, ohne irgendwelche Mätzchen, wodurch sich auch der Charakter bei jeder Person offenbart. 

"Götterdämmerung“ in Erl: Subtiles Kammerspiel mit großem Klangzauber

All dies sieht man trotz der eingeschränkten Möglichkeiten der Bühne im Passionsspielhaus von Erl - ohne Schnürboden, Versenkung und Drehbühne - in einer wieder minimalistischen Ausstattung von Kaspar Glarner: Da fließt auf Projektionen passend zur Handlung der Rhein, das brennt Feuer, da türmen sich die Wolken auf. Der Gibichungenhof ist mit einer eleganten Sitzecke, einer wohlbestückten Bar, bei der sich Hagen, dessen Figur ziemlich in den Mittelpunkt gestellt wird, immer ausgiebig bedient, wie auch mit einem Billardtisch, wo er mit Gunther eine Partie spielt, ausgestattet. Stilisierte Baumstämme werden im letzten Akt über den ermordeten Siegfried gelegt, dessen Haufen wird entzündet und von Brünnhilde bei ihrem finalen Freitod bestiegen.

Reich an Klangfarben

Kammermusikalisch transparent, mit feinsinnige Piani, differenziert wie auch reich an Klangfarben kann man den dritten Tag des Bühnenfestspiels im Orchester der Tiroler Festspiele Erl unter Erik Nielsen erleben. Da wird große, Klangpracht entfaltet. Zum Ereignis gerät Siegfrieds Tod wie auch der breit zelebrierte, packende Trauermarsch. Nur manchmal hätte man sich eine noch stärkere Ausreizung der Dynamik gewünscht. Das Orchester ist mangels Graben auf der Hinterbühne situiert, wovor das Sängerensemble agiert. 

Dieses ist dadurch gut hörbar und meist sehr verständlich: Vincent Wolfsteiner bewältigt die extrem diffizile Partie Siegfried mit großem Durchhaltevermögen und allen Höhen. Er kehrt darstellerisch auch gekonnt den unbedarften Naivling hervor. Christiane Libor als Brünnhilde hört man mit höhensicherem, kraftvollem Sopran und extremer Bühnenpräsenz.

Diese zeigt auch Robert Pomakov als bösartiger und extrem intrigierender Hagen mit mächtigem, teils etwas knorrigem Bass. Thomas De Vries ist ein getriebener immer wieder beobachtender Alberich. Irina Simmes singt und spielt die Gutrune wunderbar. Manuel Walser wirkt als schönstimmiger Gunther etwas blass und ist wie ein dandyhaftes Weichei gezeichnet. Zanda Švēde ist eine stimmkräftige Waltraute. Tadellos sind auch die Nornen, die Rheintöchter sowie der hauseigene Chor der Tiroler Festspiele zu hören.

Stehende Ovationen und lautstarker Jubel.

Kurier-Wertung: Vier Sterne

 

 

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