Flüchtlinge auf Lesbos: Prominenter Protest am Ballhausplatz

Flüchtlinge auf Lesbos: Prominenter Protest am Ballhausplatz
Obonya und Co.: „Es geht darum, dass wir noch in den Spiegel und unseren Kindern ins Gesicht sehen können.“

Die desperate Lage in den griechischen Flüchtlingslagern ist ein Thema, das nach dem Brand von Moria auf Lesbos vor gut 100 Tagen alsbald wieder in den Hintergrund getreten ist. Aus diesem Grund versammelten sich am Dienstag Künstler, Sportler sowie Vertreter von NEOS und SPÖ am Ballhausplatz, um in emotionalen Appellen von der türkis-grünen Bundesregierung unter Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Aufnahme von Flüchtlingen zu fordern. Das Motto: „Retten statt Reden“.

"Wir haben lange genug zugesehen"

„Wir stehen hier für Humanitas“, postulierte Burgschauspieler Cornelius Obonya im Nieselregen vor dem Kanzleramt: „Es geht darum, dass wir noch in den Spiegel und unseren Kindern ins Gesicht sehen können.“ Auch der einstige Fußball-Nationalspieler Marc Janko forderte, nun endlich zur Aktion zu schreiten: „Wir haben lange genug zugesehen. [...] Es wird Zeit, dass gehandelt wird.“
Vor allem die ÖVP wurde von den Beteiligten ins Visier der Kritik genommen. Liedermacher Ernst Molden hob zum Abgesang auf die christlich-soziale Partei an: „Das Soziale geht mir schon Jahrzehnte ab, aber das Christliche habe ich ihnen noch geglaubt.“ Und Gesamtkünstler Andre Heller brach über die Verweigerung der ÖVP und der Tatenlosigkeit der Grünen den Stab: „Das ist ein moralisches Desaster und ein geistiger Offenbarungseid.“

Zynismus-Vorwurf

Auch Autorin Julya Rabinowich verurteilte in einem „Schlaflied“ den Zynismus der Regierung: „Wer ein Kind rettet, hat die anderen im Stich gelassen.“ Und deshalb helfe man keinem. Ihr Berufskollege Doron Rabinovici erinnerte in diesem Zusammenhang an die Fluchtgeschichte seines eigenen Vaters in den 1940ern: „Dieser Bundeskanzler und diese Bundesregierung hätte meinen Vater nicht hereingelassen.“ Auch Kabarettist Thomas Maurer geißelte den „uferlosen Zynismus“ von Türkis-Grün, während Florian Scheuba das Argument kritisierte, dass man durch Hilfe ungewünschte „Pull-Faktoren“ erzeuge. Letztlich seien eben jene Faktoren doch alles, was Österreich lebenswert und menschlich mache.

Menschlicher Anstand gefordert

Percussionist Martin Grubinger unterstrich indes, dass es in der Frage der Hilfe für Betroffene nicht um politische Zugehörigkeit gehe, sondern schlicht um den menschlichen Anstand: „Am Ende fehlt dem Bundeskanzler und seiner Regierung der Anstand. [...] Und irgendwann wird er sich dafür auch verantworten müssen.“ Initiiert wurde der Protest vom Verein Courage sowie dem NEOS-Nationalratsabgeordneten Sepp Schellhorn, der neben Parteikollegen wie Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und der Abgeordneten Stephanie Krisper erschienen war und die Hilflosigkeit ob der Verweigerung, Flüchtlingskinder aufzunehmen, beklagte: „Es macht mich wahnsinnig, dass hier nicht reagiert wird.“ Österreich habe genug Platz: „Beten alleine hilft nicht.“

Brandstätter zitierte aus der Bibel

„Herr Bundeskanzler: Ihre Politik des Hände-faltens, Goschen-haltens geht nicht mehr“, pflichtete auch der einstige ÖVP-Nationalratsabgeordnete Ferry Maier bei, während Schellhorns Parteikollege Helmut Brandstätter aus der Bibel zitierte, um die ÖVP-Nationalratsabgeordneten bei der nächsten Abstimmung zu mehr Mut aufzufordern: „Fürchtet Euch nicht.“ Und schließlich appellierte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) an die Bundesregierung, zumindest Wien die Aufnahme von Flüchtlingen zu erlauben: „Die Stadt ist bereit, die Türen weit aufzumachen.“

Zum Abschluss der verbalen Appelle signierten die Beteiligten ein Zelt mit ihren Wünschen und Forderungen. Das so entstandene Werk soll nun versteigert und der Erlös Hilfsorganisationen in den griechischen Lagern gespendet werden.

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