Flöte mit Schoko-Hoden: Was an "Austria Second" alles nicht lustig war

Flöte mit Schoko-Hoden: Was an "Austria Second" alles nicht lustig war
TV-Tagebuch: Österreichs Beitrag wurde im Rahmen von "Willkommen Österreich" präsentiert. Kaum ein Gag zündete. Der Rest war unterirdisch.

*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*

Seit Dienstagabend ist auch Österreich im "Every Second Counts"-Spiel dabei. Was mit Holland begann, wurde zu einer länderübergreifenden Leistungsschau der viralen Satire. Österreichs Beitrag wurde im Rahmen von "Willkommen Österreich" präsentiert. Es dürfte das erste Satire-Projekt aus dem Stermann/Grissemann-Kosmos sein, das fast überhaupt nicht lustig ist.

Tiny like Austria

"Dear Mr. President. This is an Introduction video about Austria. The biggest country in Europe. Others say: Austria is small. But that’s fake news. It’s huge. (Schnitt auf historische landkarte des Nachkriegsösterreich) – like your fingers." Österreich war vor dem ersten Weltkrieg ein Weltreich. Seither sind wir eher unteres Mittelmaß. Dass Trump kleine Hände hat, ist ein Gag, den seine Gegner gerne ausrollen, um ihn zu ärgern. Gaglevel: Tiny like Austria.

"We invented the muslim-ban. In 1529 we kicked the turks out of our country. In 1683, they came back – kicked them out again." Stimmt. Darauf beziehen sich ja auch die heimischen Gesinnungsgenossen Trumps immer wieder. Die Türkenbelagerung ist ein bißchen rechte bis rechtsextreme DNA des Landes. Und wie bauen wir die Pointe aus? "Total Losers – can’t even ski." Ein Skifahrer fällt aufs Gesicht. Pointenlevel: Below zero.

Out of focus

"We started World War I and World War II. Both of them. It’s true." Man weiß nicht, ob das ein ungezielter Gag über seine alternativen Fakten sein soll, oder ein Witz mit der Schrotflinte (irgendeinen Lachmuskel wird man schon streifen). Österreich hat den Zweiten Weltkrieg nicht gestartet. Das Land gab es damals nämlich gar nicht mehr. Gaglevel: Out of focus.

Great Job

"We are well known for our open-hearted Welcome-Culture. This is why we say: Refugees Welcome. To Germany. 100 Percent – no wall needed. Just send them there." Leichtes Schmunzeln: Der Witz war wirklich gut. Einzig Angela Merkel dürfte nicht darüber lachen.

Weiter geht es mit den plumpen Namenswitzen über Fucking, Hard, Assling. Gaglevel: Zumindest die Fuckinger, die Harder und die Asslinger werden sich gefreut haben.

Fritzl. Ernsthaft?

Dann biegt die Satire erstmalig in die berühmte Sch***gasse ab: " You once said if Ivanka wasn’t your daughter, you’d be dating her. Well guess what – Dating your Daughter is quite common in Austria." (Oh Gott... Jetzt bitte bloß kein Bild von Josef F....) Wie bei der Schlechte-Pointen-Abteilung bestellt wird Josef F. eingeblendet. An dieser Stelle tauchen ernste Zweifel auf, dass das Projekt noch einigermaßen sicher in den Hafen einlaufen wird. Ein Witz über einen Mann, der seine Tochter im eigenen Keller einsperrte und dort schwängerte, muss schon sehr kunstvoll eingesetzt werden, um seine Berechtigung zu erfahren. Hier wird leider auf einem Niveau operiert, das andere nach 13 Jägermeistern beim Frühschoppen erreichen.

"We hold Familyvalues in very high esteem." Was kommt jetzt? Bitte nicht schon wieder... Ein Krampus haut auf den Tisch. Ein Mann watscht einen Buben. Ein großes Fragezeichen schwebt über dem Fernseher. Sind wir dafür in irgendeiner Weise bekannt? Oder ist das einfach eine weitere schlecht konstruierte Pointe?

Bitte... nicht schon wieder

"We have a lot of children- really huge families. Some of our families are so big - we have to build special cellars to fit them in our houses." (Bitte nicht schon wieder!) Es folgt ein Schnitt auf das trostlose Verlies, in dem die Tochter von Josef F. unverstellbares Grauen erdulden musste. Pointenlevel: Eine kaputte Kniescheibe strahlt sicher auch nicht weniger Empathie gegenüber Gewaltopfern aus.

"We have a lot of nice traditions - in most of them we beat the hell out of each other. It’s beautiful." Im Bild: Ein Watschentanz. Spätestens ab diesem Zeitpunkt dürfen wir nie wieder über deutschen Humor lästern. Thanks for nothing, "Willlkommen Österreich".

Es wird rätselhaft

"Speaking of beautiful – we have the most beautiful women ever. Im Bild: Conchita Wurst, die "Rise like a phoenix" singt. "They’re wonderful. You can grab them by the pussy. Really - tell us how you liked it." Die Sch***gasse hat witztechnisch offenkundig zwei Einfahrten. Und eineTiefgarage: "We love pussy as much as eating. Thats why we call it Fut."

Die Autoren bewegen sich hinfort weiter unter der Erdoberfläche: "You might know Mozart- famous Composer. Just like you, Mr. President, he is best known for his magic flute and his balls. Wonderful." Im Bild, man kann sich das gar nicht ausdenken, so schlecht ist es: Eine Querflöte mit Mozartkugel-Hoden.

Lost his balls.

Kurz dürfen auch nüchterne Menschen mitlachen: "Our best singer right now is Andreas Gabalier. He is a mix of Elvis Presley and a handkerchief." Der saß. Dann räumen die Gagschreiber weiter die unteren Schubladen aus, bis sie ganz hinten diesen Witz hier finden: "And there is a lot of yodeling. Have you heard yodeling?" Im Bild: Ein Asiate, der jodelt. "It’s like singing after you have lost your balls." Schnitt auf Gabalier, der im Frontbereich seiner Lederhose herumfummelt, bis er ein Schneuztüchl herauszieht. "He definitely lost his balls – still: Great guy." Pointenlevel: Sorry, ich hab grad mein Twitter gecheckt, nix gehört.

Streubombe

Danach kommt ein Felix-Baumgartner-Witz, der so schlecht ist, dass wir ihn auslassen müssen. Danach kommt ein Red Bull-Witz, der so schlecht ist, dass wir ihn nicht auslassen können: "Everybody loves it. Everybody is drinking it. It makes you fly. It tastes and looks like piss. In Fact: It is Piss. Cowpiss. You will love it." Eine humoristische Streubombe, die alles trifft und gleichzeitig gar nichts.

Hitler, der "Rechtspopulist"

"We also invented Rightwing-Populism." Im Bild: NS-Anhänger jubeln. Schnitt auf ein FPÖ-Festzelt. Schnitt auf Hitler. Das ist eine Pionierleistung im heimischen Satirikergeschäft: Hitler als Rechtspopulisten abzutun. Um fair zu bleiben: Welchen Anspruch darf man schon an einen Sender stellen, dessen Generaldirektor den ATV-Verkauf an ProSieben allen Ernstes als "Anschluss" bezeichnet?

Weiter im Text: "It’s true. We have the most right wing Populists in all history." Schnitt auf Jörg Haider, Schnitt auf Heinz Christian Strache, der sich bedanken wird, hier mit Hitler verglichen zu werden. "They are the rightest. Great guys." Noch schnell ein Schnitt auf Norbert Hofer, um ein weiteres billiges Nazi-Klischee abzugreifen. "Of course you know HC Strache and Norbert Hofer from the FPÖ. You invited them to your inauguration." Schnitt auf die Angelobungsfeier, ein Roter Pfeil markiert irgendwo in der Ferne ihren Platz. Ok, der war ganz witzig.

Ridiculous

"Unfortunately your good friend Norbert Hofer did not become our president. Although he got 47 Percent of the votes. Just like you did. It’s ridiculous." Lächerlich ist nur diese Pointe. Weder Hofer noch Trump haben jemals behauptet, ein Naheverhältnis zu haben, nicht mal als alternativen Fakt.

Sebastian Short. (Ernsthaft.)

Schnell noch zwei, drei billige Gags über Sebastian Kurz einstreuen: "We also have the youngest, brightest, and coolest foreign Minister in the world. Sebastian Short. (Sie haben richtig gelesen: "Short". Ernsthaft.) He is about the age of your son, Barron (der wird heuer elf). They could become best friends. He is a genius – no pubic hair and already a minister. Super." Super, ja. Aber halt super-schwach.

Bundeskanzler Kern wird kurz, aber pointiert verarztet: "Our Chancellor is Humphrey Bogart. He’s great. Really sexy. Really cool. All the women love him."

Dann kommt noch ein Witz über gute Skifahrer und dass Wasserskifahren schwul sei. "Disgusting." Keiner weiß, wer darauf anspringen soll. Vor allem, weil gerade Obama gezeigt hat, wie man im Wasser richtig cool aussieht.

Am Ende kommt noch ein noch wirklich noch nie eingesetzter Gag, in dem Austria mit Australia verwechselt wird.

Fazit: Wir haben uns nicht nur blamiert.

Die Deutschen sind hiermit offiziell sogar lustiger als wir:

Zuerst tat es die halbe Welt, dann sprang auch Österreich mit dem ORF auf. Jetzt hat auch Puls 4 sein eigenes Satirevideo zur "Every Second Counts"-Kampagne, die Persiflagen von Donald Trumps "America First"-Rede aus aller Welt zusammenträgt. Es fand bisher jedoch keine Erwähnung auf der offiziellen Kampagnenseite.

Das Gute daran: Das Puls 4-Video (das auch als Promotion für die bald startende Sendung "fourlaut" funktioniert) ist merkbar kürzer als das Pendant von "Willkommen Österreich". Ansonsten ist es ungefähr gleich lustig. Als Sprecher fungiert anders als sonst kein Trump- sondern ein Schwarzenegger-Imitator (der allerdings trotzdem Trumps Wortwahl imitiert).

Was man bei Puls 4 unter anderem lustig findet: Österreich größer als Deutschland reden, Trump seine Frau aus Slowenien kaufen lassen, Berge bauen als Schutz gegen das "Klein-Mexiko" genannte Italien, Kugeln aus Mozart machen und sich dafür bedanken, dass die USA 1945 Österreich von einem Mann befreit haben, der versprochen habe, Österreich wieder "great" zu machen. Was Österreich dem Video gemäß besonders gut kann? Sich vermarkten, schifahren und Wahlen durchführen.

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