Filmkritik zu "Nebelkinder - The End of Silence": Die Weiterreichung des Traumas

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In einem tschechischen Dorf leidet die Beziehung zwischen Mutter und Tochter an einer belastenden Familiengeschichte

Unter „Nebelkindern“ versteht man eine Generation von Menschen, die bewusst oder unbewusst die Traumata ihrer Eltern und Großeltern weiterträgt. Hannah ist so ein Nebelkind. Von Beruf Wolfshüterin, erlebt sie wiederholt Gefühle der Beklemmung, deren Ursprung eindeutig in der Kindheit liegen.

„Transgenerationale Weitergabe von Traumata“ nennt die Wissenschaft dieses Phänomen, dem von der tschechisch-österreichischen Regisseurin Tereza Kotyk auf drei verschiedenen Zeitebenen nachgegangen wird.

In der Gegenwart folgt Hannah einem entlaufenen Wolf in das Grenzgebiet zwischen Österreich und Tschechien. Dort, in einem kleinen tschechischen Dorf, lebt Hannahs Mutter Miriam. Sie setzt sich mit der belastenden Geschichte ihrer Familie auseinander und macht sich damit keine Freunde im Dorf – im Gegenteil: Sie stößt auf Ablehnung und Schweigen.

Miriam führte Mitte der 1960er-Jahre einen Kampf um das Haus ihrer Mutter Viktorie: Ende des Zweiten Weltkriegs kam es zur Enteignung, Vertreibung und Ermordung deutschsprachiger Bewohner Tschechiens – Ereignisse, über die der Mantel des komplizenhaften Schweigens gelegt wurde.

Anhand der emotionsgeladenen Beziehung zwischen Hannah und ihrer Mutter arbeitet Tereza Kotyk diese historischen Ereignisse zartfühlend und mit (Über-)Hang an lyrischen Bildern auf. 

INFO: Ö/CZE 2024. 94 Min. Von Tereza Kotyk. Mit Jeanne Werner, Susanne Michel.

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