Früher einmal reichte es, die Wiener Symphoniker auf den Rathausplatz zu wuchten, Rainhard Fendrich dazu zu stellen, und schon hatte man eine Festwochen-Eröffnung.
Heute muss so eine Eröffnung viel mehr sein. Mindestens eine Mischung aus „Dancing Stars“, Life-Ball und Song-Contest, aber mit Kunstanspruch. Im Vorjahr inszenierte David Schalko unter dem Titel „Last Night On Earth“ nicht weniger als das Ende der Menschheit, inklusive Angriff der Killerknödel: Spektakulär und ernsthaft.
Zudem gab es einen mittelgroßen Skandal: Der Rapper Yung Hurn, bekannt für seine nicht stubenreine Sprache, trat auf.
Heuer konzipierte der Musiker Hyung-ki Joo die Eröffnung als buntes Konzert mit Akrobatik – als „musikalisch-artistisches Fest“. Und, um es vorweg zu nehmen: Das Ganze machte wirklich viel Spaß und Freude.
Es begann mit einer Performance des Freestyle Orchestra: Artistik mit Geigenbegleitung, mit viel Feuer und Flamme dargeboten. Es sah ein wenig aus wie Circus Roncalli für die Hochkultur.
Neugierig
Danach sprach die Kulturstadträtin Wiens, Veronica Kaup-Hasler die Begrüßungsworte: „Hallo, du wunderbare Stadt mit ihren wunderbaren Einwohnern. Herzlich willkommen alle Neugierigen dieser Welt.“
Es folgte der britische Beatboxer und Looping-Künstler Beardyman. Seine live mit elektronischer Hilfe zusammengebastelte Musik ist faszinierend, dazu gab es Breakdance. Danach sang Valerie Sajdik ein Chanson, und die Fassade des Rathauses wurde zum Eiffelturm.
Dann war Platz für Humor: Die wunderbare Kabarettistin Nadja Maleh sang ein Lied über Selbstgerechtigkeit in den sozialen Medien und sagte so kluge und schöne Sätze wie „Je größer der Dachschaden, umso freier der Blick auf die Sterne“. Ihr Gesang ging dann direkt über in den Obertongesang von Anna-Maria Hefele – ein großartiges, sehr eigenartiges Erlebnis.
Danach kam der Höhepunkt des Abends: Der Gitarrist Wolfgang Muthspiel spielte „Hands“, ein wunderbares Stück Weltmusik zwischen Flamenco und Jazz. Danach kam noch der Song „Vienna“ mit der schönen Zeile: „The airport ist ugly“.
Der Bassist und Multi-Instrumentalist Adam Ben Ezra bot daraufhin Percussion auf dem Bass, bevor Beardyman mit Beatboxing einstieg. Danach betrat die Pianistin und Sängerin Yu Horiuchi die Bühne und spielte wunderbar klagende, sanfte Melodien.
Ihr folgte der italienische Künstler Patrizio Ratto. Er spielte Klavier und verband das mit Akrobatik, Pantomime und Tanz – ein herrlich schräger Auftritt.
Jetzt war Sandra Pires dran: Die Sängerin gefiel im Duett mit Yu Horiuchi und tief traurigen Melodien.
Beeindruckend danach: Die Cellistin Marie Spaeman mit einer Mischung aus Klassik, Percussion, Jazz und Elektronikmusik. Ihr folgte der sehr schräge Entertainer Mr. Leu mit „I Put A Spell On You“.
Zum Abschluss gab es noch ein sehr schönes „Gute-Nacht-Lied“, komponiert von Hyung-ki Joo .
Fazit: Ein herrlicher, gelungener Kraut-und-Rüben-Abend.
Kommentare