Synthesizer-Liebe und Wüsten-Rave

Ein Mann mit weißem T-Shirt spielt Keyboard auf einer Bühne.
Caribou, die vierköpfige Liveband um Dan Snaith, spielen sich in der Halle E in einen Rausch.

Behutsamer Gefühlspop trifft auf syrische Folklore, Beduinen-Rave und treibende House-Beats. Beim alljährlichen Electronic Beats Festival in der Halle E im MuseumsQuartier wurde man Samstagabend Zeuge eines kontrastreichen Abends voller Höhen und Tiefen. Dass man am Ende, weit nach Mitternacht, trotzdem zufrieden ins Bett fällt, ist Dan Snaith alias Caribou zu verdanken. Aber der Reihe nach.

Den Abend eröffnet der syrische Hochzeitssänger Omar Souleyman. Der mit Kufiya, einem von Männern getragenen Kopftuch in der arabischen Welt, auftretende Sänger wird für seine verzerrten Wüsten-Melodien und Böller-Beats nicht nur im Orient, sondern auch neuerdings im Abendland geschätzt. Hierzulande finden seine räudigen Billigorgel-Sounds und Basar-Raps vor allem in der World-Music-Szene großen Zuspruch. Das funktioniert live dann auch ganz gut. Man versteht zwar auf Grund der sprachlichen Barrieren kein Wort von dem, was der Typ mit buschigem Schnauzer und Sonnenbrille stoisch von sich gibt, aber egal. Es sind die schrägen Sounds, die einen mitreißen.
London Grammar senken danach den Blutdruck des Publikums. Die rund um die herausragende Sängerin Hannah Reid angesiedelte Band spielt sich durch das tolle Debütalbum „If You Wait“. Auf Dauer sind die Songs voller trüber Momente aber doch zu monoton und lahmarschig.

Für die dringend nötige Energiezufuhr sorgt am Ende die vierköpfige Formation um Dan Snaith alias Caribou. Ihre entgrenzten wie treibenden Live-Versionen von neuem und alten Liedgut verwandeln die Halle E in eine Großraumdisco. Als sich am Ende dann noch der Überhit „Sun“ über zehn Minuten aufbaut, spielen die Hormone verrückt. Man ist verliebt – in die wohlig-warmen Synthesizer-Melodien. Und wann geht eigentlich die Sonne auf?

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