Caribou: Was außer der Musik im Leben wirklich wichtig ist

Caribou live beim ausverkauften Electronic Beats am 18. 10. in Wien
Videopremiere: Caribou-Frontmann Dan Snaith bringt seine neue CD "Our Love" zum heurigen Electronic-Beats mit.

Vergangenen Winter in Stoke Newington im Nordosten von London: Jeden Nachmittag hockt Dan Snaith, Frontmann der Band Caribou, DJ und Doktor der Mathematik, in seinem Haus am Wohnzimmerboden und spielt hingebungsvoll mit seiner kleinen Tochter. Dazu laufen Platten von Marvin Gaye, Curtis Mayfield und Stevie Wonder.

Das, sagt der 36-Jährige im KURIER-Interview, sei der Haupteinfluss für die neue CD „Our Love“ gewesen. „Ich habe in dieser Zeit viel über mein Leben nachgedacht und überlegt, was mir wirklich wichtig ist. Und das ist die Liebe in ihren verschiedenen Ausprägungen – die Liebe zur Tochter, zur Partnerin, zur Familie, Freunden und der Musik. Das klingt wie ein Klischee, trifft aber glaube ich trotzdem auf die meisten Menschen zu.“

Aus dem Wunsch, das direkt und „ohne die übliche Ironie“ in seiner Musik zu transportieren, entstanden Songs, die weit weniger introvertiert sind als „Swim“, jenes Album, mit dem der gebürtige Kanadier 2010 erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde.

Liebe und Soul waren aber nicht die einzigen Einflüsse für „Our Love“: 2012 waren Caribou im Vorprogramm von Radiohead auf Tour. „Diese großen Konzerte und Leute, die mir danach erklärten, wie viel ihnen ,Swim‘ bedeutet hat – das fühlte sich so toll an. Deshalb wollte ich mit ,Our Love‘ nicht mehr so kalt, exzentrisch und abgehoben klingen, sondern im Sound auf die Leute zugehen.“

Was konstant geblieben ist: Snaith mischt bei „Our Love“ am Computer kreierte Sounds und Vokal-Schnipsel mit live gespielten Instrumenten, wie etwa der Geige seines Freunde Owen Pallett von Arcade Fire. Denn das ist genau das, was ihn einst als Halbwüchsigen zum Musikmachen gebracht hat – obwohl ihm eine Karriere als Mathematikprofessor vorgezeichnet schien.

Meine Mum ist Mathematik-Lehrerin, mein Opa und Vater sind Mathematik-Professoren, auch mein Schwester unterrichtet jetzt Mathematik“, erzählt er. „Mir hat das auch Spaß gemacht, denn anders als andere finde ich, dass Mathematik sehr wohl auch kreativ, poetisch und intuitiv sein kann. Allerdings erst, wenn du es studierst. In der Schule wird sie leider nur so vermittelt, dass es kein Wunder ist, dass alle dabei nur an trockene, logische Rechenprozesse und langweilige Buchhalter denken.“

So entwickelte sich seine Liebe zur Mathematik (nach seinem Umzug nach London promovierte er 2005 am Imperial College) parallel zu der zur Musik - obwohl Snaith mit den Tönen größere Startschwierigkeiten hatte, als mit den Zahlen. „Wir hatten ein Klavier zuhause und meine Mum sagte, als ich so fünf war, ich sollte doch mal probieren, es von meiner großen Schwester, die schon gut spielen konnte, zu lernen. Sie ist acht Jahre älter, und für mich war das eine tolle Gelegenheit, mit der coolen, großen Schwester Spaß zu haben. Doch dann ging sie fürs Studium in eine andere Stadt und meine Mum gab mir weiter Klavierunterricht. Das war dann gar nicht mehr cool.“

Das hatte Snaith den Spaß an der Musik derart verdorben, dass er sich für Jahre gar nicht mehr dafür interessierte. „Erst als ich 13 war, engagierten meine Eltern einen Klavierlehrer, der mir nicht Klassik sondern Pop-Musik, Jazz und das Improvisieren beibrachte. Da bin ich dann wirklich komplett in die Musik reingekippt. Dieser Lehrer war noch dazu ein großer Fan von Emerson, Lake & Palmer. Und auch wenn die damals total uncool waren, hat mich doch begeistert, wie sie ihre eigene Klangwelt geschaffen haben. Und ich entdeckte, dass die Verbindung von Instrumenten und Elektronik eine fruchtbare Spielwiese war, um mir selbst so eine Welt zu schaffen.“

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