documenta fifteen: Rufe nach Konsequenzen aus Eklat werden lauter

documenta fifteen: Rufe nach Konsequenzen aus Eklat werden lauter
In Antisemitismus-Debatte um Kunstschau wird nun Aufklärung gefordert. documenta-Direktorin kündigt systematische Untersuchung der Werke an.

In der Antisemitismus-Debatte um die documenta in Kassel werden die Forderungen nach Konsequenzen lauter. "Die Generaldirektorin der documenta, Sabine Schormann, muss unverzüglich zurücktreten oder vom Aufsichtsrat abberufen werden", sagte der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIF), der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck, dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag). Schormann kündigte nun eine systematische Untersuchung an.

Man werde einen Blick auf "weitere kritische Werke" werfen, so die Direktorin der Schau. "Dabei wird auch Ruangrupa seiner kuratorischen Aufgabe gerecht werden müssen", sagte sie in einem Interview der "Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen" (HNA, Donnerstag). Das indonesische Kollektiv Ruangrupa kuratiert die documenta fifteen. Unterstützt werde die Gruppe nun von anerkannten Experten wie Meron Mendel von der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt.

"Es ist nicht Aufgabe der Geschäftsführung, alle Werke vorab in Augenschein zu nehmen und freizugeben", sagte Schormann. "Das würde dem Sinn der documenta widersprechen." Es könne daher auch nicht sein, die Kunst beispielsweise einem Expertengremium im Vorfeld zur Freigabe vorzulegen. Dies sei eine Kernaufgabe der Künstlerischen Leitung.

Zuvor hatte sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, für personelle Konsequenzen ausgesprochen. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte, es gelte, "schonungslos aufzuklären, wie es zu diesem beschämenden Vorfall kommen konnte und wer wann für welche Entscheidungen konkret Verantwortung getragen hat". Das Wichtigste sei, dass daraus auch Konsequenzen gezogen würden. "Wer diese menschenverachtenden Ausfälle gutheißt, darf in Deutschland nicht die Verantwortung für ein international bekanntes Kulturevent tragen."

Die bereits seit längerem schwelende Antisemitismus-Debatte um die Kunstausstellung eskalierte Anfang der Woche mit der Aufmerksamkeit auf ein großformatiges Banner. In dem Werk namens "People's Justice" des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi sahen viele eine antisemitische Bildsprache. Die Verantwortlichen der documenta entschieden, das Bild mit schwarzen Stoffbahnen zu verhängen. Am Dienstagabend wurde es dann ganz abgebaut.

Die Generaldirektorin der documenta, Sabine Schormann, bat zunächst um Entschuldigung. Es sei versichert worden, dass auf der documenta fifteen keine antisemitischen Inhalte zu sehen sein würden. "Dieses Versprechen haben wir leider nicht gehalten. Und das hätte nicht passieren dürfen."

Der Vorsitzende des documenta-Forums, Jörg Sperling, kritisierte die Entfernung des Werks dagegen. "Eine freie Welt muss das ertragen", sagte er. Die Arbeit des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi sei eine Karikatur und seiner Meinung nach von der Kunstfreiheit gedeckt. "Die Kunst hat ein Thema aufgebracht, das außerhalb der Kunst liegt: das Verhältnis von Palästinensern und Israelis. Dieses Problem kann die Kunst nicht lösen, das kann auch die documenta nicht lösen."

Die alle fünf Jahre zu erlebende documenta gilt neben der Biennale in Venedig als international wichtigste Präsentation von Gegenwartskunst. Die 15. Ausgabe der Schau seit 1955 dauert bis zum 25. September.

 

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