Diversität im Museum: Plötzlich nicht mehr selbstverständlich

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Die ständige Beschwörung von Diversität galt schon als kulturelle Normalität. Jetzt wird klar, auf welch wackligem Grund sie steht

Das Gendersternchen ist nach hinten gerutscht: Im Untertitel der neuen Ausstellung „Radikal!“ im Unteren Belvedere (bis 12. 10., Besprechung folgt) ist von „Künstlerinnen* und Moderne 1910-1950“ die Rede. Das „betont die Vielfalt der in der Ausstellung vertretenen Identitäten“, wie es in einem Wandtext heißt.

Die Gruppenschau, die hervorstreicht, dass die moderne Kunst nicht nur von Genies, sondern von einer bunten Riege von Menschen jedweden Geschlechts vorangetrieben wurde, lässt keine Gelegenheit aus, um alle Knöpfe des Diskurses um Identität, Diversität und Inklusion zu drücken – und wirkt damit schon wieder antiquiert.

Denn im Pride-Monat des Jahres 2025 wird eine Sache plötzlich bewusst: Eine solche Ausstellung wäre in vielen Teilen der Welt gar nicht mehr möglich – darunter in den USA, wo der Präsident bekanntermaßen einen Feldzug gegen Diversität und Inklusion führt.

Ende vergangener Woche nahm die von Trump attackierte Direktorin der „National Portrait Gallery“, die zum staatlichen Museumsverband der Smithsonian Institution gehört, ihren Hut, um den dauernden Attacken nicht länger standhalten zu müssen. Viele weitere Menschen arbeiten wegen ihres Einsatzes für Diversität nicht mehr im Kulturfeld – und dazu muss man gar nicht in die USA schauen, es reicht der Blick über Österreichs Grenzen.

Propaganda

Beim Gang durch die Belvedere-Schau muss man unweigerlich denken, dass dieselbe Auswahl an Werken, anders kontextualisiert, auch als Propagandaschau gegen die dämonisierte „Wokeness“ funktionieren könnte. Dabei nervt der Habitus, mit dem die diversitätsbeflissene Kultur teilweise daherkommt, zugegebenermaßen oft, man ertappt sich selbst beim Verlachen des Jargons.

Es wäre dennoch verfehlt, der Bewegung selbst die Schuld dafür zu geben, dass sie von ihren Gegnern so leicht instrumentalisiert werden konnte. Wer Vielfalt will, muss dafür Partei ergreifen. Wo genau das Gendersternchen steht, können wir dann später diskutieren.