Er wolle "ein bisschen mehr Zeit zu Hause haben. Ich brauche jetzt einfach Raum für meine siebenjährige Tochter und ich möchte auch den Kopf wieder freibekommen. Dazu gibt es die Perspektive Hamburg. Dort werde ich ja Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper und Chefdirigent des Philharmonischen Staatsorchesters. Ich habe auch meinen Vertrag mit dem Teatro Massimo in Palermo, der Ende Dezember ausläuft, nicht mehr verlängert. Außerdem habe ich einige Konzerte abgesagt. Es fühlt sich einfach richtig an. Und Ben ist großartig, das funktioniert auch mit Lotte de Beer hervorragend. Es ist also für alle gut. Und ich bin hier, ich arbeite mit dem Orchester und ich werde all meine Wien-Dirigate einhalten. Aber die Probespiele und die Auditions wird ab Jänner 2024 Ben übernehmen.“
Wien und Hamburg
Doch war das Orchester von diesem Schritt überrascht? „Nicht alle. Außerdem geht es ja weiter. Wir haben zwei Tourneen nächsten Sommer. Dazu noch das Projekt mit Schönbergs ,Gurre-Liedern‘, die wir in Hamburg, Dresden und Wien präsentieren werden. Dabei wird das halbe Orchester der Volksoper und das halbe Orchester aus Hamburg im Einsatz sein.“
Zuvor aber geht es um die „Salome“ von Strauss, die Omer Meir Wellber schon öfters dirigiert hat. „Meine erste ,Salome‘ habe ich in Japan als Assistent von Seiji Ozawa gemacht. Er konnte damals nicht dirigieren, weil er sehr krank war. Dann kam Dresden, jetzt die Volksoper. Wobei hier viele Sachen aufgrund der trockenen Akustik fast besser klingen als in Dresden. Man hört Details, die man sonst nicht immer so deutlich hören kann.“
Sex und Religion
Und was reizt den Maestro an der „Salome“? „Dieses Stück bringt alle Probleme aus uns heraus. Es ist wie ein großer Spiegel der Gesellschaft. Man sieht sich darin und denkt sich: Mist, so sind wir. Diese Kombination aus Sex und Religion, diese ständig verschwimmende Grenze zwischen Salome und dem Propheten Jochanaan, ist fantastisch. Allein das Duett zwischen Salome und Jochanaan ist etwas Besonderes. Straus hat hier die Psychoanalyse hervorgebracht.“
Omer Meir-Wellber weiter: „Zudem geht es um das Schmecken, das Sehen und das Hören. Diese drei Sinne werden bedient. In unserer aktuellen Kultur ist leider das Sehen unsere Nummer eins, nicht mehr das Hören“, so der auch als Buchautor erfolgreiche Künstler.
Bibel und Symphonie
Stichwort Buch – Meir-Wellber seufzt lachend: „Ich schreibe gerade wieder an einem Buch. Aber ich kämpfe noch mit dem Ende. Denn das Buch hat einen großen theologischen Background. Ich kämpfe mit dem Ende. Ich habe drei Hauptpersonen, Das ist aber eine zu viel. Denn ich denke, am Ende sind zwei Charaktere eine Person. Ich muss also noch ein bisschen umschreiben.“ Doch worum geht es in dem neuen Roman? „Er ist wie eine biblische Symphonie. Es beginnt extrem modern, wird dann immer biblischer. Und das eben mit einem noch ungewissen Ausgang.“
Gewiss sind hingegen die musikalischen Termine abseits der Volksoper. So wird Meir-Wellber mit den Wiener Symphonikern auf Tournee gehen und im Dezember Beethovens Neunte dirigieren. Aber: „Ich stelle ein modernes Stück von Ella Milch-Sheriff zwischen den zweiten und dritten Satz.“
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