"Ringe der Macht": Abenteuer im Wald und drei Stunden für die Verzwergung
Es ist eine Serie der Superlative – und daher konnte sie nur mit einem Rekord starten. Amazon meldete nach dem ersten Ausstrahlungstag (2. September) von „Die Ringe der Macht“ 25 Millionen Abrufe). Für Prime Video ist das laut den Angaben ein Rekord. Aber abgerechnet wird am Schluss – denn allein die erste Staffel der Vorgeschichte zu „Der Herr der Ringe“ soll den Streamingdienst 465 Millionen US-Dollar gekostet haben. Fünf Staffeln hat sich Amazon vorgenommen. Es ist also noch ein langer Weg durch das Zweite Zeitalter von Mittelerde zu gehen – auch für Owain Arthur.
Für den walisischen Shakespeare-Schauspieler ist der Zwergenprinz Durin IV. die erste große Rolle in einer populären Serie – und auch der erste Kontakt zur filmischen Fantasy-Welt J.R.R. Tolkiens. Dementsprechend beeindruckt zeigt er sich im Interview: „Ich besuche nun Fantasiewelten wie Numinor, die Southlands oder die Elbenstadt Lindon. Als ich diese Filmsets zum ersten Mal sah, hat es mir jedes Mal den Atem geraubt. Und als ich das Ausmaß der Kunstfertigkeit und Leidenschaft sah, das in all diese Details gesteckt wurde, war mir klar: Heiliger Strohsack, ich bin jetzt in ,Herr der Ringe‛. Das ist wirklich sehr aufregend!“
Heimspiel
In den bisherigen vier Episoden hatte der streitbare Durin IV. ein Heimspiel, sein Handlungsstrang spielte sich im unterirdischen Zwergenreich Khazad-dûm (später Moria) ab. Dort wird er von Elrond aufgesucht – eine der wenigen Figuren, die aus Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Kinofilmen herübergerettet werden konnten, weil Elben potenziell ewig leben können.
Die Hassliebe zwischen Zwergen und Elben sorgte bereits in den Kinofilmen für humorvolle Abwechslung in der düsteren Handlung – so auch in „Die Ringe der Macht“. Mit Elrond-Darsteller Robert Aramayo habe er sich sofort gut verstanden.„Ich lud ihn in zu mir ein und wir saßen drei Stunden auf dem Balkon. Nach vier oder fünf Tassen Tee haben wir bemerkt: ,Oh Mist, das wird Spaß machen!‛“ Die beiden hätten „unglaublich hart an unserer Freundschaft und auch an Durins und Elronds Freundschaft gearbeitet.“ Vor den Dreharbeiten in Neuseeland begaben sich Arthur und Aramayo vor Ort auf Abenteuertrip. „Wir zelteten am Rand eines Gebirges und machten adrenalintreibende Dinge wie Klettern in Baumkronen und bestiegen einen Vulkan. Es fühlte sich so an, als ob Durin und Elrond es getan hätten.“
Eine der ersten gemeinsamen Szenen – eine Meinungsverschiedenheit in einem Höhlenaufzug – probten die beiden im Wald. Arthur: „Wir befanden uns mitten in diesem Wald und Fremde gingen an uns vorbei, während wir uns stritten. Wir waren uns einig, dass wir das nie vergessen würden.“
Kaum vergessen wird Arthur auch die drei Stunden, die er vor jedem Drehtag in der Maske verbringen muss, um sich in einen Zwergenprinzen zu verwandeln. Allein das Aufsetzen und Verkleben der Nase dauert 50 Minuten, erzählt er. Und die Prozedur erfordere auch, um drei Uhr morgens aufzustehen.
Die Nase
Seine erste Bekanntschaft mit dem neuen Gesicht sei „seltsam“ gewesen. „Weil es so echt aussah. Eine riesige Nase – es ließ mich wie einen alten Mann aussehen. Dann legten sie mir die Perücke an – ich sah aus wie meine Mutter. Dann kam dieser ewig lange Bart und all das andere Zeug – es war eine außerkörperliche Erfahrung. Es war, als würde ich mich schrittweise von mir entfernen.“
Heimisch fühlt er sich dafür in der Tolkien’schen Sprache, die Anleihen an Walisisch nimmt. Arthur sagt, erneut mit breitem Grinsen: „Es ist, als würde ich eine neue Sprache lernen, die ich sehr gut kenne.“
Lesen Sie hier das ganze Interview:
KURIER: Zunächst einmal - ein wie großer Fan von „Herr der Ringe“ sind Sie?
Owain Arthur: Jetzt mehr als ich es vor diesem Job war. Aber ich habe die Filme mehr als einmal gesehen. Und kürzlich wurde mir klar: Jedes Mal, wenn ich es zufällig im Fernsehen sah oder mich entschied, Play zu drücken, musste ich es mir bis zum Ende ansehen. Ich schätze, ich war ein größerer Fan als ich tatsächlich wusste. Aber hier besetzt worden zu sein, machte mich zu einem Fan von Fantasy und Tolkien. Mit dem Lesen von Tolkien erfuhr ich mehr über Zwerge, obwohl nicht viel über Durin IV. geschrieben wurde. Und man kann sich leicht darin verirren. Und plötzlich, wenn Sie sich eine Szene dieser Serie ansehen und die Geschichte mit Galadriel und Valinor kennen, dann das vertieft sofort die Welt, in der Sie sich befinden. Aber, um es kurz zu machen: Ich bin ein Fan! (Lacht)
Die erste Begegnung Turins mit Elrond ist nicht sehr freundlich. Aber bald merkt man, dass das gerade daran liegt, dass sie sich so gut kennen. Was macht die besondere Beziehung zwischen Zwergen und Elben aus?
Nun, zu diesem Zeitpunkt im Zweiten Zeitalter hat Tolkien geschrieben, dass die Beziehung zwischen Elben und Zwergen die beste ist, die es je gab. Das ist also ziemlich aufschlussreich. Aber die Tatsache, dass Elrond mit einem wütenden Zwerg konfrontiert wird, liegt daran, dass er verärgert ist. Ich denke, wenn Menschen verletzt werden, können sie entweder in sich selbst hineingehen oder kämpfen. Es ist im Grunde wie „fight or flight“, wie man mit dieser Emotion umgeht. Und was Durin hier tut, ist zu kämpfen. Und er ist so verletzt und verärgert über seinen besten Freund, dass er ihn nun bestrafen will. Aber es ist natürlich ein Geschenk für einen Schauspieler, einen Zwerg mit all diesen verschiedenen Emotionen und Qualitäten spielen zu können. Daneben gibt es das Gefühl des Stolzes. Ich denke, Zwerge sind sehr stolze Menschen und Durin ist ein typischer Zwerg, wenn es darum geht.
Es verleiht der Geschichte auch etwas Humor, denke ich. Könnten Sie uns ein wenig über die Chemie zwischen Ihnen und Robert Aramayo am Set erzählen. Wie haben Sie es geschafft, diesen speziellen Humor zu entwickeln?
Rob hat diese schöne Eigenschaft, immer glücklich und neugierig zu sein, und er ist ein lustiger Typ. Ich werde nie vergessen, als wir uns das erste Mal getroffen haben. Ich lud ihn in zu mir ein und wir saßen drei Stunden auf dem Balkon. Und nach ungefähr drei, vier oder fünf Tassen Tee haben wir gemerkt: „Oh Mist, das wird Spaß machen!“ Wir haben uns wirklich gut verstanden und tun es immer noch. Aus diesem Grund haben wir unglaublich hart an unserer Freundschaft und auch an Durins und Elronds Freundschaft gearbeitet. Und wir haben einige Dinge erfunden, die sie durchgemacht haben. Sie waren offensichtlich zusammen auf einer Reise und waren miteinander fast wie Blutsbrüder verbunden. Das ist eine Art Pakt. Und als wir dafür recherchierten, machten Rob und ich in Neuseeland einen kleinen Abenteuertrip in Rotorua. Wir zelteten am Rand eines Gebirges und machten adrenalintreibende Dinge wie das Klettern in Baumkronen und bestiegen einen Vulkan oder waren in einem kleinen Flugzeug unterwegs. Und während der gesamten Zeit diskutierten wir über unsere Charaktere. Es war eine tolle Zeit, als ob Durin und Elrond es getan hätten. Wir befanden uns mitten in diesem Wald und Fremde gingen an uns vorbei, während wir uns stritten. Wir waren uns einig, dass wir das nie vergessen würden.
Ich wollte als Nächstes fragen, woran Sie sich am ehesten erinnern? Ich denke, das muss der Moment gewesen sein …
Es ist sicherlich einer der speziellsten Momente, aber es gibt eine Menge, Mann. Ich besuche nun Fantasiewelten wie Numinor, die Southlands, sehe Harfüße oder die Elbenstadt Lindon. Als ich diese Filmsets zum ersten Mal sah, hat es mir jedes Mal den Atem geraubt. Und als ich das Ausmaß der Kunstfertigkeit und Leidenschaft sah, das in all diese Details gesteckt wurde, war mir klar: Heiliger Strohsack, ich bin jetzt in ,Herr der Ringe‛. Das ist wirklich sehr aufregend! (Lacht)
Und was war Ihre erste Reaktion, als Sie sich tatsächlich als Zwerg im Spiegel sahen?
Und es war so seltsam, weil es so echt aussah. Zuerst wird eine riesige Nase aufgeklebt – es ließ mich wie einen alten Mann aussehen. Dann legten sie mir die Perücke an – ich sah aus wie meine Mutter. Dann kam dieser ewig lange Bart und all das andere Zeug – es war eine außerkörperliche Erfahrung. Weil ich mich im Spiegel ansah und beobachtete, wie sich diese großen Augenbrauen bewegten, und ich konnte fühlen, wie ich das tat, aber im Spiegel war es nicht ich, der das tat. Es war, als würde ich mich schrittweise von mir entfernen. Es war aber auch extrem aufregend. Ich konnte es kaum erwarten, all meine Sachen anzuziehen, weil ich bei Drehs noch nie Prothesen getragen hatte und sicherlich noch nie einen so großen Bart hatte. Es erforderte ziemlich viel Disziplin, die ich sehr schnell lernen musste. Man muss einige Elemente der Verkleidung ignorieren, sie aber auch annehmen, weil es irgendwie bei der Körpersprache hilft.
Und wie lange hat es gebraucht, um sich in einen Zwergenprinzen zu verwandeln?
Drei Stunden. Die Nase selbst dauerte 50 Minuten. Und sie haben so viel Liebe zum Detail hineingesteckt. Und dann der Bart. Ich habe immer schnell gefrühstückt, bevor mir dieser Bart angelegt wurde. Ich musste dafür immer um 3:00 Uhr morgens aufstehen. Wenn wir damit fertig waren, war die Morgenarbeit schon erledigt.
Ihre Dialekt-Trainerin Leith McPherson sagte, dass Walisisch ein guter Ausgangspunkt für die Sprache in „Herr der Ringe“ ist. Sehen Sie das auch so?
Unbedingt! Es ist so seltsam, weil Walisisch meine Muttersprache ist. Wenn ich Tolkien lese, habe ich ein gewisses Besitzgefühl, weil ich weiß, wie man es ausspricht. Da ist meine Sprache drin. Es ist, als würde ich eine neue Sprache lernen, die ich sehr gut kenne. (lächelt)
Walisische Schauspieler scheinen im Allgemeinen eine gute Wahl zu sein, um berühmte Zwerge in „Herr der Ringe“ zu spielen, zum Beispiel Jonathan Rhys-Davies als Gimli in Jacksons Filmen ...
Ja! Ich habe ihn zwar nie getroffen, aber ich frage mich, ob das in den Sternen steht: Man muss Waliser sein, um einen Zwerg zu spielen. (Lacht)
Haben Sie auch seine Performance studiert oder wollten Sie Ihren ganz eigenen Zwergenprinzen erschaffen?
Das Kostüm ist völlig anders, die Prothesen, die er hatte, sind völlig anders als die, die ich hatte. Aber ich danke besonders den Burschen, die „Der Hobbit“ gemacht haben, weil sie diese Kühlwesten entwickelt haben. Die werden unter dein Kostüm gelegt, da laufen dann Röhrchen wie in einem Heizkörper durch. Mit einer Pumpe wird dann kaltes Eiswasser unter deinem Kostüm auf und ab gepumpt. Zwischen den Takes konnten die einem also etwas helfen, weil die Hitze wirklich unerträglich war.
Was erwarten Sie für die Dreharbeiten der zweiten Staffel, wenn die Produktion von Neuseeland nach England verlagert wird?
Was ich sagen kann, ist, dass Patrick McKay und J.D. Payne (die Showrunner, Anm.) wirklich aufgeregt vor der zweiten Staffel sind. Zu sehen wie leidenschaftlich sie sind, ist ziemlich ansteckend. Und ich kann es kaum erwarten, wieder loszulegen.
Wie oft haben Sie bei den Dreharbeiten zu der Serie die Sprache der Zwerge verwendet?
Elrond spricht vielleicht ein bisschen Zwergisch. Es könnte sein … aber auch nicht! (Lacht)
Was kann diese Serie der Welt von „Herr der Ringe“ eigentlich hinzufügen?
Für Tolkien-Fans wird es die Lücke des zweiten Zeitalters schließen, was bisher noch nicht in einem Film zusammengefügt wurde. J.D. und Patrick haben Teile ausgewählt und damit eine Geschichte erstellt, wobei sie Tolkiens Text treu geblieben sind. Man wird in der Lage sein, neue Charaktere und andere Welten zu sehen - und uns Schauspieler als Version dessen, was wir für Mittelerde halten. Wissen Sie, es gibt viele Interpretationen von Mittelerde und Tolkien hat ja selbst, manchen Personen zehn verschiedene Namen gegeben. Was man hoffentlich sehen wird, ist ein tieferer Blick auf Mittelerde. Die Tatsache, dass wir eine Serie drehen, ermöglicht es, sich mehr in jede Figur hineinzuversetzen. Und um im Tolkien-Stil zu sprechen: Es wird eine Reise sein. Und in Tolkiens Werk gibt es immer eine Reise in Mittelerde. Ich ziehe meinen Hut vor Patrick und J.D. Sie lieben Sprache, In jeder Szene, die sie geschrieben haben, gibt es eine Reise. Jede Figur beginnt eine Szene an einem Ort und beendet sie an einem anderen Ort, obwohl er im selben Raum bleibt. Und das ist ein Zeichen für gutes Schreiben. Oder anders gesagt: Magie! Das ist es, was sie erwarten sollten, nur einen Hauch von Magie.
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