Mehr Lärm braucht das Land

Drei junge Männer sitzen auf einem Sofa vor einer Wand mit floralem Muster.
Die Nerven überzeugen auf "Fun" mit rohem, noisigem Sound und wütenden Texten.

Mit einem gepflegten "Fick dich, Alter!" begrüßt die Band Die Nerven in ihrem Pressetext die schreibende Zunft auf eine unvertraute und ablehnende Punk-Art und Weise. Betont anders. Schön. Denn normalerweise wird in diesen Waschzetteln gelobt, übertrieben und sowieso immer das Genre-Rad, wenn nicht gleich die ganze Musik neu erfunden. Braucht niemand. Schon garnicht, wenn es sich um eine Punkband wie Die Nerven handelt.

Diese drei jungen Schwaben haben gerade ihren zweiten (offiziellen) Longplayer "Fun" veröffentlicht und hauen dem Hörer damit ordentlich auf's Maul - musikalisch natürlich. Roher, noisiger Sound schwappt einem entgegen. Es dröhnt, es scheppert, es schrammelt. Nicht immer schön, selten virtuos. Aber gerade deshalb hörenswert. Der Spiegel geht gar soweit und bezeichnet "Fun" als "eine der wichtigsten und besten deutschsprachigen Platten dieses Jahrzehnts." Dafür ist es noch ein bisschen zu früh, das Jahrzehnt hat ja noch ein paar Jahre vor sich.

"Alles wie gehabt, nichts hat sich verändert"

Schwarzweiß-Porträt einer jungen Frau mit dunklen Haaren und einem Tattoo am Oberarm.

Dennoch schlägt "Fun" in eine Kerbe, die es in der deutschsprachigen Musiklandschaft schon länger zu füllen gilt. Weit weg vom Macht-kaputt-was-euch-kaputt-macht-Punk frönen Die Nerven eher dem Nihilismus, singen und grölen Zeilen wie "Was auch immer wir jetzt lernen, ist mit Sicherheit nicht wichtig/ Was auch immer wir jetzt lernen, ist mit Sicherheit egal" oder "Alles wie gehabt, nichts hat sich verändert" ins Mikro.

Musikalisch geprägt von amerikanischen Noiserockbands wie Helmet und den Cows, erinnern die Texte eher an die Hamburger Schule à la Tocotronic oder Blumfeld. Nur roher, direkter und unbequemer. Auch wütender und noch mit dem Teenager-Hass im Blut. "Musik ist Ventil für unsere Wut. Wer damit nicht zurechtkommt, kann Thees Uhlmann hören. Der ist nämlich erwachsen", zitiert dazu die deutsche taz Max Rieger, einem Drittel der Band.

"Fun" ist sehr wahrscheinlich nicht die wichtigste deutschsprachige Platte dieses Jahrzehnts, aber man sollte sie auf jeden Fall kennen. Vielleicht auch nur, um ihnen ein "Fick dich selber, Alter!" entgegengrölen zu können.

KURIER-Wertung:

Info: Die Nerven sind am Sonntag (16.2.) im Wiener rhiz live zu sehen.

Drei junge Männer stehen vor einem Busch mit gelben Blüten.
Drei Männer sitzen auf einem Sofa vor einer floralen Tapete.

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