Wiedergeboren
Die Schöpferin des Gebildes – Maria Bartuszová – war Ihrem Rezensenten, wie wohl vielen anderen Besuchern der Biennale, bis dahin nicht geläufig gewesen. Dass ihr Schaffen mehr als 40 Jahre umfasste, dass sie ihren Kosmos abseits der westlichen Kunstwelt und auch unterhalb des kommunistischen Radars in der slowakischen Stadt Košice langsam und beharrlich entwickelt hatte – all das offenbart erst die umfassende Werkschau, die nach einer Station in der Londoner Tate Modern nun im Salzburger Museum der Moderne am Mönchsberg zu sehen ist.
Schritt für Schritt führt der Parcours dabei an die Entwicklung heran, die die 1936 in Prag geborene Künstlerin zu einer faszinierenden Formensprache führte, die gleichermaßen abstrakt-avantgardistisch und organisch anmutet.
Mit Abgüssen von gefüllten Luftballons oder Säcken schuf die Künstlerin dabei früh Möglichkeiten, Fließendes und Flüchtiges als Skulptur festzuhalten: Ein Werk im Eingangsbereich macht etwa den Druck, den zwei Holzbalken auf Säcke ausüben, zum Objekt der Anschauung. Ein erstarrter Tropfen hängt daneben in schlichter Schönheit von der Decke.
Bartuszovás Werke wurden mit der Zeit zunehmend komplexer – insbesondere ab den 1980ern, als sie mithilfe von übergossenen Ballons eine Technik fand, um Formen wie Eierschalen ineinander zu verschränken. Dass sie ihre Skulpturen teils an Bäumen montierte, ist einer teils spirituell gedeuteten Naturverbundenheit geschuldet.
Die Frage, wo es der Künstlerin um „reine Form“ ging und wo die sie danach trachtete, innere Befindlichkeiten auszudrücken oder auf Drucksituationen zu reagieren, bleibt im Werk stets ein wenig vage.
In der repressiven Situation nach der Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968 konnte Bartuszová gemeinsam mit ihrem Mann, dem Bildhauer Juraj Bartusz, jedenfalls bestehen, indem sie ihre Kreativität zweckgebunden einsetzte: So gestaltete sie Kinderspielplätze oder schuf eine Großskulptur vor dem Krematorium in Košice. Mit dem Kunsthistoriker Gabriel Kladek realisierte sie Skulpturen, die in Bildungseinrichtungen für sehbehinderte Kinder zum Einsatz kamen – Kopien können in der Schau selbst befühlt, auseinandergenommen und zusammengesetzt werden.
Zum Angreifen
In der modernen Kunstgeschichtsschreibung war für solche Positionen lange kein Platz: Skulptur hatte pur und zweckfrei zu sein, wie bei Constantin Brancuşi, Hans Arp oder Henry Moore, die Bartuszová nachweislich beeinflussten. Dass heute viel über den Platz der Kunst in der Gesellschaft geredet wird – ist sie autonom oder doch auch ein Instrument für soziale Anliegen? – ist wohl mit ein Grund dafür, dass Bartuszovás Werk heute so gegenwärtig wirkt. Es ist aber auch einfach ansprechend, für die Augen und andere Sinne.
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