Der neue Albertina-Chef wird nicht zum Frühstück verspeist werden

Einen Nachfolger für Sabine Haag, bis Ende 2024 Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, zu finden, war vergleichsweise ein Kinderspiel. Denn Sabine Haag fühlt sich ihrem Haus verpflichtet und meidet offen ausgetragene Konflikte. Die Übergabe an Jonathan Fine, vergangene Woche designiert, wird sicher friktionsfrei erfolgen.
Etwas anders liegt die Sache im Falle von Klaus Albrecht Schröder, der zeitgleich wie Haag in Pension gehen wird. Er hat die Albertina im letzten Vierteljahrhundert aus dem Dornröschenschlaf erweckt – und zum dominanten Player nicht nur in Wien gemacht: Die grafische Sammlung punktet nicht nur mit Dürers Feldhasen, sondern auch mit Klassischer Moderne, zeitgenössischer Kunst, glänzend renovierten Prunkräumen und enormen Ausstellungsflächen (im Palais und darunter, in der Bastei).
In den letzten Monaten rätselte man in der Szene immer wieder, wer auf Schröder folgen könne – außer Schröder. Denn er brennt nach wie vor, sprüht vor Ideen, wälzt immer noch Erweiterungspläne und arbeitet an internationalen Standorten. Doch bei der Suche ging es nicht nur darum, jemanden zu finden, der in seine Fußstapfen treten kann: Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer musste jemanden auf Augenhöhe von Klaus „Albertina“ Schröder finden, also jemanden, den der Direktor intellektuell nicht gleich zum Frühstück verspeist.
Ralph Gleis, am 5. Juli als Nachfolger vorgestellt, hat zumindest die Chance zu bestehen. Der deutsche Kunsthistoriker, 1973 in Münster geboren, kennt Wien (er war Kurator am Wien Museum), er kennt die Albertina. Und er kündigte an, den Schröder’schen Weg – vom Spezialmuseum zum Museumstanker – mehr oder weniger fortsetzen zu wollen. Wer die Albertina ob des attraktiven Ausstellungsprogramms heute liebt, werde sie auch in Zukunft lieben, versprach Gleis.
Zudem muss er mit dem Sanctus von Mayer das Ausstellungsstakkato nicht in der Schröder-Schlagzahl fortsetzen: „Weiter in der Elite der internationalen Museumslandschaft mitspielen“, lautet der Auftrag, „und gleichzeitig das Tempo ein wenig zu senken“. Dass die schwierig genug werden wird, dürfte Gleis, Spezialist für die Klassische Moderne und die Kunst des 19. Jahrhunderts, durchaus bewusst sein.
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