Bebilderter "Fliegender Holländer" in der Felsenreitschule
Von Helmut Christian Mayer
Der Sturm heult, auf großformatigen Projektionen brechen sich riesige Wellen, bühnenfüllende Segel blähen sich gewaltig, Matrosen turnen eifrig auf dem modernen Schiffsrumpf herum: Auf puren Seemanns-Realismus setzt Regisseur und Intendant Carl Philip von Maldeghem bei Richard Wagners Frühwerk „Der fliegende Holländer“ in der Felsenreitschule.
In dieser Neuproduktion des Salzburger Landestheaters müssen die Protagonisten und der Chor trittsicher sein, wenn sie ständig am Schiffsrumpf herumklettern (Ausstatterin: Stefanie Seitz) oder zwischen den zahlreichen Seilen herumbalancieren müssen. Alle Achtung, aber es wird teilweise übertrieben gezeigt.
Gebauschte Segel
Das Schiff, eher der Rücken eines U-Bootes, von Daland ist auf der Riesenbühne linker Hand mit einem großen weißen Vorhangsegel zu sehen, jenes des „verdammten“ Holländers mit einem roten auf der rechten Seite, Statisten bauschen die Segeltücher immer wieder auf.
Senta und ihre Gehilfinnen bedienen hier keine Spinnräder, sondern arbeiten jetzt im Versandhandel. Das Bild ihres Angebeteten ist wie ein Pin-Up-Poster an die Wand geheftet. Und zum Finale wandeln Senta und der Holländer auf einer Videoprojektion händchenhaltend und offenbar erlöst durch die Salzburger Hofstallgasse.
Insgesamt wirkt alles mehr bebildert, denn inszeniert. Gesungen wird ganz vorzüglich: der Bayreuth-erfahrene Derek Welton ist ein imposanter, immer textverständlicher Titelheld ebenso wie Magdalena Hinterdobler als Senta, die ihre Spitzentöne völlig mühelos und mit dramatischer Wucht hinausschleudert. Martin Summer singt einen markanten, kernigen Daland.
Hauseigenes Ensemble
Auch die übrigen Sänger, die alle aus dem hauseigenen Ensemble stammen, beeindrucken, wie Luke Sinclair als selten angestrengt wirkender Erik, Kate Coventry als Mary und Ilia Skvirskii als Steuermann mit hellem Tenor. Stimmgewaltig und manchmal außer Tritt erlebt man den Chor und Extrachor des Hauses verstärkt durch den Philharmonia Chor (Einstudierung: Mario El Fakih).
Kein Überschwappen
Viele Emotionen und Spannungen werden beim Mozarteumorchester unter Leslie Suganadarajah freigelegt. Aber ohne überzuschwappen, denn der Orchesterklang bleibt immer ausbalanciert, transparent, klar strukturell aufgefächert, sängerfreundlich, aber öfters zu weichgespült.
Und so hätte man sich vom Chefdirigenten mehr „Sturm und Drang“ und öfters stärkere Akzente gewünscht. Üblicherweise wird die Oper heutzutage pausenlos aufgeführt, hier gibt es eine eher störende Pause nach dem zweiten Akt, die den dramatischen Fluss nur hemmt.
Großer Jubel!
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