Der Favorit des Kaiserhauses

Ein zweiteiliges Gemälde zeigt eine Nonne beim Beten und eine Nonne, die ihr Gesäß entblößt.
Das Belvedere-Winterpalais zeigt den Hofmaler Martin van Meytens. "Open House" am 18. und 19.10.

Acht Jahre lang war das Prunkstück der barocken Gemäldesammlung des Belvedere beim Restaurator. Nun erstrahlt das Bildnis der Familie Pálffy aus der Hand von Martin van Meytens dem Jüngeren (1695–1770) in neuem Glanz: Anlass genug für das Museum, dem Schöpfer des Gemäldes seine erste Einzelausstellung zu widmen.

Ein Gemälde einer Familie aus dem 18. Jahrhundert vor einer Waldlandschaft.
Martin Meytens d.J., Die Familie des Grafen Nikolaus Pálffy von Erdöd, um 1760
In Schweden als Sohn eines holländischen Malers geboren, unternahm Meytens ausgedehnte Reisen quer durch Europa, die schließlich in Wien ihr Ende fanden. Bei den Zeitgenossen erfreute sich Meytens’ feiner Stil größter Beliebtheit. Sowohl der schwedische König als auch der russische Zar versuchten, ihn an ihre Höfe zu locken.

Ein gefragter Mann

Die Entscheidung fiel aber auf Wien: Nicht zuletzt, weil Kaiser Karl VI. bereit war, dem Maler eine Studienreise nach Italien zu finanzieren.
Ab 1732 war Meytens offizieller Kammermaler der Habsburger. In der Folge feierte er auch bei Adel und Großbürgertum große Erfolge: Wie ein Who’s who der Gesellschaft zur Zeit Maria Theresias liest sich die Liste der von ihm porträtierten Persönlichkeiten.

Bilder der Ausstellung

Eine Nonne kniet vor einem Buch, während eine andere Frau durch ein Gitterfenster schaut.

Eine Nonne, deren Gewand teilweise hochgezogen ist, in einem Gemälde.

Ein Porträt von Maria Theresia in einem verzierten Kleid und einer Krone.

Ein Porträt eines Mannes in einem goldenen Gewand mit Insignien königlicher Macht neben sich.

Ein Porträt eines Mannes mit weißer Perücke, der ein Buch hält und eine Medaille trägt.

Ein Junge in historischer Kleidung steht vor einer Militärparade.

Ein Mann mit Pelzmütze und eine Frau betrachten eine kleine goldene Dose an einem Schreibtisch.

Ein Familienporträt des 18. Jahrhunderts mit Eltern, Kindern, einem Jagdhund und einem Schaf in einer Waldlandschaft.

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Ein prunkvoller Saal mit Gemälden, einer Büste und einem Kristalllüster.

Zur Schau im Winterpalais in der Wiener Himmelpfortgasse ist die barocke High Society nun gleichsam in ihren natürlichen Lebensraum zurückgekehrt.
Meytens’ Bilder zeigen die barocke Gesellschaft, wie sie sich selbst gern sah – stolz im Amt oder im Verband der Familie, aufgemascherlt in Samt und Seide, mit roten Wangen und gepuderten Perücken. Je wichtiger der Auftraggeber, desto steifer die Haltung, desto monumentaler das Format. Das vielleicht größte Gemälde seiner Karriere, ein Bildnis der kaiserlichen Familie in Lebensgröße, ist leider nicht erhalten. Nur eine kleinformatige Kopie lässt erahnen, welch überwältigende Formen die kaiserliche Repräsentation annehmen konnte.

Diese Formen erscheinen heute oft skurril: Etwa, wenn die Erben der Adelshäuser schon als Vierjährige in Feldherrentracht porträtiert wurden. Von zeitlosem Reiz sind da eher die Porträts von Künstlerkollegen und Familienmitgliedern, in denen die Steifheit persönlichem Ausdruck weicht.

G’spusi mit der Regentin?

Nach Spuren einer Beziehung kann man auch in den Porträts der Maria Theresia suchen: Sie besuchte den Maler angeblich oft im Atelier und verließ dieses – meist nach Einbruch der Dunkelheit – über den Hinterausgang wieder. Über den Wahrheitsgehalt dieser Geschichte lässt sich streiten, doch fest steht, dass hinter barocken Fassaden so manches verborgen blieb. Das ist wohl auch die Botschaft des Bilds einer betenden Nonne, auf dessen Rückseite das nackte Hinterteil der Frau zu sehen ist.

(Text: Daniela Fasching)

Die Ausstellung

"Martin Meytens der Jüngere" ist bis 8. Februar 2015. im Belvedere-Winterpalais, Himmelpfortgasse 8, 1010 Wien, zu sehen. Am Samstag (18.10.) und Sonntag (19.10.) „Open House“ mit freiem Eintritt, Führungen und Barock-Programm, 10–18 Uhr. www.belvedere.at

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