Kabarettist David Scheid über die Hip-Hop-Szene: "Überall nur Gucci"

Die.Nacht PopUp
David Scheid, der DJ unter den Kabarettisten, über sein neues Programm und Rebellion.

David Scheid ist am letzten Drücker mit seinem neuen Kabarettprogramm „Entschuldigung, haben Sie auch 1 fetteren Beat?“ fertig geworden. Das Herumtrödeln wäre dem DJ unter den Kabarettisten fast zum Verhängnis geworden. Aber eben nur fast. Heute, Freitag, springt er bei der Premiere im Fluc am Wiener Praterstern „ins kalte Wasser“.

KURIER: Worum geht es in Ihrem neuen Soloprogramm?

David Scheid: Das ist eine gute Frage (lacht) ...

... Es ist gar nicht so einfach, das zu beschreiben und auf den Punkt zu bringen. Der Social Media-Wahnsinn ist ein Thema, natürlich auch die Politik. Bei Letzterem musste ich aber wieder einiges ändern, weil sich ja die türkis-blaue Regierung vorerst mal in die Luft gesprengt hat. Trotzdem wird es ein bisschen Ibiza geben. Ich habe zum Beispiel meinen kurz nach dem Ibizavideo veröffentlichten Song „Klick Klack Glock“ ins Programm eingebaut.

Was genau nervt Sie an Social Media?

Die Selbstinszenierung. Das Vorgaukeln einer besseren Welt. Es geht dabei vielleicht auch einfach darum, Neid bei anderen zu schüren. Für die Wirtschaft, für den Kapitalismus ist das sicher super. Man sieht dann nämlich immer das, was man selber nicht hat. Das ist ständiges Schüren neuer Bedürfnisse. Und es macht zugleich auch unglücklich, weil einem das eigene Leben plötzlich so mickrig vorkommt.

Das sieht man aber auch, wenn man sich Hip-Hop-Videos ansieht.

Stimmt, das ist auch das Problem, das ich mit Teilen der aktuellen Rap-Kultur habe. Die Verherrlichung des Kapitalismus. Das ist auch ein Thema, das wir mit unserer Lesereihe „Rapper lesen Rapper“ öfters behandeln. Überall nur Gucci, Ferrari und Versace. Dieser Schulterschluss mit dem Kapitalismus ist traurig. Wo bleibt da die Rebellion, die kritische Haltung? Der Kapitalismus ist schon so weit fortgeschritten, dass der „American Dream“ längst in Europa angekommen ist. Lebe den neo-liberalen europäischen Traum. Jeder kann alles werden, wenn er nur fleißig genug ist.


Aber wie wird Fleiß und Leistung gemessen?

Mit dem Einkommen. Und das ist für mich der falsche Ansatz. Man sollte sich lieber mal ansehen, wie sehr die eigene Leistung dem Gemeinwohl dienlich ist. Warum bekommt jemand, der in einem sozialen Beruf arbeitet, etwa als Altenpfleger, weniger Gehalt als ein Banker?

Apropos Beruf: Nehmen die Politiker den Kabarettisten zunehmend die Jobs weg?

Die Politik liefert tatsächlich Vorlagen, an denen man eigentlich nichts mehr ändern müsste. Diesen Umstand werde ich auch in meinem neuen Programm beweisen. Es wirkt fast so, als hätten einige Politiker Top-Gag-Schreiber hinter sich.

Sie sind im Zuge von „Die lange Nacht des Kabaretts“ gemeinsam mit Christoph Fritz, Isabell Pannagl und Jimmy Schlager in ganz Österreich aufgetreten. Wie wars?

Das war einerseits eine tolle Sache, sehr gewinnbringend, aber hat mir auch gezeigt, dass die Mittel mit denen ich meinen Humor transportiere, nicht überall gleich gut ankommen. Man ist im Kabarett an Gitarre oder Piano gewöhnt, nicht an Plattenspieler. Da habe ich noch einen weiten Weg vor mir.

Ist das Programm auf die Hip-Hop-Community zugeschnitten?

Ich will natürlich nicht nur Kabarett für Hip-Hop-Heads machen. Aber da ich mich seit Jahren in dieser Community bewege und arbeite, verwende ich den Duktus und die Sprache dieser Szene. Aber wenn jemand mit Begriffen wie „Dope“ oder „Wicked“ nichts anfangen kann, dann macht das  nichts. Es erklärt sich alles im Programm.

Spielt der bekiffte Antiheld Dave, den Sie im ORF bei  der  „Tagespresse“-Show und dem „Die Nacht“-Format verkörpert haben,   in Ihrem  neuen Programm eine Rolle?

Nein, der Dave kommt im neuen Programm nicht vor.

Sie setzen auf der Bühne auf viel Musik. Wie schaut es mit einem eigenen Album aus?

Es gibt einige Pläne zu Projekten mit Rappern und Hip-Hop-Crews. Ich habe auch immer schon Texte geschrieben, würde auch gerne in naher Zukunft  ein Album produzieren, denn das  ist ein Jugendtraum von mir. Aber wenn, dann wird es ein satirisches Album. Die Ernsthaftigkeit im Rap ist mir nämlich manchmal zu steil.

Zur Person und Termine: Den Kabarettisten David Scheid kennt man auch als  „Dave“ aus der gleichnamigen ORF-Mini-Serie und als Reporter für die „Tagespresse“-Show. David Scheid ist auch Teil  und DJ der  Lesereihe „Rapper lesen Rapper“, bei dem  Hip-Hop-Texte  literarisch neu interpretiert werden. Das nächste Mal am  18. 10. im Linzer Kapu.  „Entschuldigung, haben Sie auch 1 fetteren Beat?“ feiert heute, Freitag, im Fluc (Wien) Premiere.
Weitere Termine: 15.10 – Kulisse; 1./16./23.11–  Kabarett Niedermair; 2.11. – Kapu Linz.
 

 

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