"Das schlaue Füchslein" in München: Detailreich, witzig, oberflächlich
In einer Traumwelt des Försters, den er in den Mittelpunkt stellt, und ebensolchen Bildern mit viel Glitter und Lametta lässt Barrie Kosky Leoš Janáčeks „Das schlaue Füchslein“ (1924) an der Bayrischen Staatsoper spielen.
Eine einsame Glocke schlägt. Schwarze Gestalten stehen stumm vor einem ausgehobenen Grab. Es ist die Tochter des Försters, die hier beerdigt wird. Dieser bleibt dann allein zurück. Als die Musik anhebt, senken sich von oben Unmengen von glitzernden Schnüren und Ketten, die den Förster umgeben. Da springt aus der Grube plötzlich ein kleines Mädchen heraus, es ist das kleine Füchslein und umrundet ihn lachend. Der Förster reibt sich ungläubig die Augen.
Die Schnürvorhänge werden auch immer wieder in magisches Licht getaucht und dienen als Auftritte sowie Abgänge und schaffen immer neue Räume (Bühne: Michael Levine). Wer ein Naturgeschehen erwartet hat, wird enttäuscht sein. Denn der australische Regisseur, der zuletzt hier am Haus Strauss „Rosenkavalier“ inszenierte, löst sich von einer naturalistischen Aufführungstradition und hebt die Kernthematik des Werks, den Kreislauf des Lebens und die Verbundenheit von Mensch, Tier und Natur, hervor und spart auch nicht an Zivilisationskritik.
Die Figuren der Oper sieht er dabei als heutig. Die Tiere benehmen sich sehr vital wie Menschen und sind auch so zeitlos in Farben gekleidet, während die Menschen in schwarzen Gewändern herumschlurfen (Kostüme: Victoria Behr).
Detailreich, manchmal auch witzig, jedoch auch recht oberflächlich ist dies alles angelegt: Einmal, wenn Hahn und Hennen auftreten, wird das Ambiente überhaupt zur grellen, gelben Showbühne, die Liebesszene findet in einer scharlachroten Fuchshöhle statt. Und nach dem Tod des Füchsleins springt beim Schlussgesang des Försters wieder ein junges Mädchen, ein kleiner Fuchs aus der Versenkung und umkreist ihn lachend wie am Anfang: Der Lebenskreislauf hat sich geschlossen.
Wunderbares hört man aus dem Graben. Von Anfang an merkt man, dass Mirga Gražinytė-Tyla, (derzeitig Chefdirigentin des City of Birmingham Symphony Orchestra), als Debütantin am Haus, ihre Lieblingsoper dirigiert: Die litauische Dirigentin am Pult des Bayerischen Staatsorchesters weiß die kühnen harmonischen Verbindungen der kunstvollen Partitur mit ihrer sensiblen, raffinierten Instrumentation, ihren Naturlauten und ihrer charakteristischen Rhythmik farbig, nuancenreich und mit schillernder Intensität verströmen zu lassen.
Gesungen wird das Werk hier am Haus erstmalig in tschechischer Originalsprache: Elena Tsallagova als Schlaues Füchslein verfügt über einen feinen lyrischen, jugendlichen, glasklaren Sopran. Angela Brower singt den Fuchs meisterlich. Wolfgang Koch in einem Rollendebüt als Förster wirkt ungemein weich. Milan Sijlanov ist ein kraftvoller Landstreicher Haraschta. Von den vielen kleineren, gut besetzten Rollen stechen noch Caspar Singh (Pasek) und Martin Snell (Pfarrer) hervor. Ein Lob gilt auch dem Chor und vor allem dem Kinderchor des Hauses, die mit Begeisterung spielen und teilweise kleinere solistische Partien singen dürfen.
Viel Jubel und Getrampel im wegen der Pandemie nur halb besetzten Haus.
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