Man muss diese Dinge nicht parodieren, sie sind, mit etwas Distanz betrachtet, schon skurril genug. Wenn man sie auf einer Bühne widerhallen lässt, wie das die Regisseurin Nadja Pirringer und die Schauspielerin Lara Sienczak gerade im Wiener Kosmos Theater tun („1 vs. Wild“, vorerst letzte Termine 31. 1. und 1. 2. 2024), passiert dennoch etwas mit ihnen: Auch wenn die Survival-Formate vorgeben, ganz nah am Leben dran zu sein und alles Unnötige aus dem Weg zu räumen, werden sie hier als hoch stilisierte Kunstprodukte sichtbar. Die Rhetorik, die Ästhetik von wackeligen GoPro-Kameras, die oft militärisch inspirierte (und meist von Sponsoren zur Verfügung gestellte) Outdoor-Garderobe – all das erscheint hochgradig artifiziell.
Falsche Muckis
Sienczak, die im Theater mit einem Gummishirt falsche Männer-Muckis angelegt hat, ruht sich dankenswerterweise nicht auf dem Umstand aus, die Maskerade durchschaut zu haben. Im Programmfolder geißeln zwar allerhand Zitate das fragwürdige Männerideal der sogenannten „Prepper“-Szene, und eingespielte Zitate des „Liver King“ muten wahrlich steinzeitlich an (der US-Youtuber, der vorgab, sich vorrangig von roher Leber zu ernähren, gab später zu, sich regelmäßig mit Steroiden vollgepumpt zu haben).
Tatsächlich aber entsprechen viele jener, die im parallelen Kampf um physisches Durchkommen und um Internet-Fame an ihre Grenzen gehen, gar nicht so sehr dem Actionfiguren-Ideal, das manche Stars des Survival-Genres zur Schau stellen: Gerade in „7 vs. Wild“ sah man zuletzt viele Schwabbelbäuche, extreme Stimmungsschwankungen – und immerhin auch zwei Frauen, die sich die Qual antaten. Es bleibt die Frage, warum.
In der Inszenierung von Pirringer und Sienczak vermeint man die Struktur einer typischen „Heldenreise“ zu erkennen, die aber keine Erhöhung bringt: Nach Regen und Einsamkeit gibt die geläuterte Protagonistin – auch das kennt man aus dem Original – bloß schlichte Weisheiten von sich. Gesund bleiben, auf Freunde und Liebste achten, nicht so viel Handy schauen: Vielleicht geht Überleben einfach nur so.
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