Burgtheater Vestibül: Die Läuterung einer „Kriegerin“ mit Herz

Drei Personen stehen in einem Raum, eine Frau trägt ein rosa Kopftuch.
Anja Sczilinski, Leiterin des Burgtheaterstudios, hat den Film "Kriegerin" mit vielen jungen Menschen packend dramatisiert.

Mitunter sind Entscheidungen einfach nicht nachvollziehbar. Da bringt das Burgtheater im Kasino eine eher hartleibige Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Europamaschine“; eine wirklich packende Produktion aber, in der es um brennende europarelevante Fragen, um Ausländerfeindlichkeit und fehlgeleitete junge Menschen geht, zeigt man im vergleichsweise winzigen Vestibül.

Dabei hat „Kriegerin“ ohne Zweifel das Potenzial, die Jugend fürs Theater zu begeistern: nicht mit komplexer Bühnenmaschinerie oder raffiniertem Video, sondern mit solidem Handwerk, liebevoll aus der Not geborenen Ideen und großem Enthusiasmus.

In seinem Erstlingsfilm „Kriegerin“ aus 2011 erzählt David Wnendt u.a. von der 20-jährigen Supermarktkassiererin Marisa, die als Mitglied einer neonazistischen Clique in einer ostdeutschen Kleinstadt gegen Asylanten mobil macht. Mehrere Ereignisse bringen die militante Heimatschützerin, die keine Ahnung vom wahren Krieg hat, zum Nachdenken. Und zur Besinnung: Gequält von Gewissensbissen, hilft sie dem minderjährigen Flüchtling Rasul, dessen Schwester Jamila abgeschoben wurde.Tina Müller hat den Film flüssig für die Bühne übersetzt – und die Handlung nach Traiskirchen verlegt. Abgesehen von der Fahrt an die Ostsee, die gar weit weg ist, und einer Wendung, die hierzulande kaum verwendet wird („Mach den Rechner zu, wenn ich mit dir reden will!“), geht sich das gut aus.

Zwei Schauspielerinnen in einer Auseinandersetzung auf einer Bühne.

Hannah Mannsberger (Marisa), Alice Prosser (Svenja)

Eine Frau im Kleid und ein junges Mädchen mit Kopfhörern stehen auf einer Bühne.

Dunja Sowinetz (Andrea, Hausfrau, Sevenjas Mutter), Alice Prosser (Svenja), Wolfram Rupperti (Oliver, Svenjas Vater)

Eine Frau telefoniert, während eine andere im Hintergrund an einem Tisch arbeitet.

Dunja Sowinetz (Bea, Verkäuferin, Marisas Mutter), Hanna Mannsberger (Marisa)

Zwei Schauspieler sitzen auf einer Bühne, einer bietet eine rote Rose an.

Hanna Mannsberger (Marisa), Johannes Ayrle (Sandro)

Eine junge Frau mit Kopfhörern steht auf einer Bühne, im Hintergrund zwei weitere Personen.

Viktoria Azer (Melanie), Alice Prosser (Svenja), Merlin Miglinci (Benny)

Eine Frau hält das Gesicht eines Mannes in ihren Händen.

Hanna Mannsberger (Marisa), Johannes Ayrle (Sandro)

Drei junge Schauspieler sitzen auf einer Treppe während einer Theaterprobe.

Paul Winkler (Rasul, junger Geflüchteter), Pilar Borower (Jamila, Rasuls Schwester, Geflüchtete), Flora Egbonu (Niku Warda, Besitzerin der Imbissbude)

Eine junge Frau mit Hijab und Jeansjacke hält einen Brief in der Hand.

Paul Winkler (Rasul, junger Geflüchteter), Pilar Borower (Jamila, Rasuls Schwester, Geflüchtete)

Zwei Männer beobachten eine junge Frau, die aus einer Flasche trinkt.

Merlin Meglinci (Benny), Alice Prosser (Svenja), Alex Kapl (Clemens, Politiker/Kunde)

Drei Personen, eine davon mit einem rosa Hijab, stehen vor einer dunklen Wand.

Paul Winkler (Rasul, junger Geflüchteter), Hanna Mannsberger (Marisa), Pilar Borower (Jamila, Rasuls Schwester, Geflüchtete)

Ein Mann in kariertem Hemd spricht auf einer Bühne, während ein Mädchen zu ihm aufblickt.

Alice Prosser (Svenja), Johannes Ayrle (Sandro)

Ein junger Mann mit Pflaster im Gesicht steht auf einer Bühne und gestikuliert vor drei jungen Frauen.

Viktoria Azer (Melanie), Hanna Mannsberger (Marisa), Alice Prosser (Svenja), Johannes Ayrle (Sandro)

Populistische Parolen

Anja Sczilinski, die Leiterin des neuen Burgtheaterstudios, hat das berührende Stück mit zwei Profis (Dunja Sowinetz, Wolfram Rupperti) und vielen jungen Menschen erarbeitet. Dass es sich bei den meisten um echte Amateure handelt: Man glaubt es kaum. Ganz besonders Hanna Mannsberger als „Kriegerin“ Marisa vermag zu beeindrucken. Der slicke Jung-Haazee des Alex Kapl geilt mit populistischen Parolen auf, Flora Egbonu betört singend als Warda, deren Imbiss von der Neonazi-Gang kurz und klein geschlagen wird.

Manche Rollen hat Sczilinski gegen das Klischee besetzt (etwa den Flüchtling Rasul mit dem blonden Paul Winkler). Ihr gelingen auch heitere Szenen – und perfekte Übergänge: Zwei marmorierte Treppen (von Anneliese Neudecker) verwandeln sich im Handumdrehen in ein Versteck, eine Wohnung oder einen Supermarkt.

Die bejubelte Premiere fand am Freitag statt – parallel zum Akademikerball. Ein perfekter Kontrapunkt.

Hier unten geht es zu Reportagen von Proben und Interviews mit vielen der jungen Darstellerinnen und Darsteller sowie der Regisseurin.

Kommentare