Sie ging als Jüdin freiwillig ins KZ?
Etty Hillesum begann im Juli 1942 für den Judenrat in Amsterdam zu arbeiten. Er wurde als Vermittlungsorgan zwischen der jüdischen Bevölkerung und den Nationalsozialisten eingesetzt und musste unter anderem die Organisation der Deportationen übernehmen. Etty empfand die Arbeit dort als „Hölle“. Schon nach zwei Wochen meldete sie sich als Delegierte des Rats für die „Soziale Versorgung der Aussiedler“ im Lager und half den Schwächsten. Von Westerbork wurden mehr als 100.000 Jüdinnen und Juden in den Osten deportiert.
Wann kommt die Serie heraus?
Ach, das wird noch dauern. Ich darf auch noch nicht zu viel verraten. Es ist jedenfalls eine internationale Produktion, gedreht wurde in Amsterdam und in Berlin. Ich habe eigens Niederländisch gelernt und dann zehn Monate durchgearbeitet. Erst danach, im Winter, konnte ich Urlaub machen – auf Fuerteventura. Ich dachte mir: Jetzt kommt ein neuer Abschnitt, und so ließ ich mir die Haare blond färben.
Jedenfalls: Deswegen hat man Sie nicht viel gesehen auf der Bühne ...
Im Februar hatte ich die Rolle – und lief gleich zu Stefan Bachmann, der gerade seinen Start als Burgtheaterdirektor vorbereitete. Und er meinte in der Sekunde: „Das ist eine Chance, mach es! Und Anfang Jänner kommst Du wieder.“ Daher ein großes Danke an ihn und das Team.
Alle im Haus sprechen in Jubeltönen über den neuen Direktor …
Es ist echt super – auch im Vergleich mit den anderen Häusern, an denen ich gearbeitet habe.
Sie waren an den Münchner Kammerspielen und am Deutschen Theater in Berlin. Die Karriere begann aber noch vor der Schauspielschule – an der Burg.
Ich hab’ 2015/’16 in Wien Englisch sowie Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert, war aber in fast keinen Vorlesungen. Denn mir wurde schon bald klar: Ich interessiere mich mehr für die Geschichten auf der Bühne als für die Analysen derer. Daher meldete ich mich beim Burgtheater-Spielclub. Das war eine großartige Erfahrung.
Ein wichtiger Regisseur für Sie wurde – neben Anne Lenk und Jan Bosse – Ulrich Rasche: Sie beeindruckten als Recha in dessen Inszenierung von „Nathan der Weise“ bei den Salzburger Festspielen 2023.
Ja, ich hab’ mit Ulrich vier Sachen gemacht. Am Anfang der Karriere miterleben zu dürfen, wie er Sprache versteht und durchdringt, war sehr lehrreich. Auf „Nathan“ folgte im Akademietheater „Iphigenie“. Die allerletzte Vorstellung ist übrigens am 17. April.
Und nun kommt in der Burg „Herr Puntila“ heraus. Sie spielen nicht, wie man vielleicht annehmen könnte, die Tochter Eva, sondern den Chauffeur Matti. Warum denn?
Das war ein Vorschlag von Regisseur Antú Romero Nunes. Und ich möchte mich gerne in einer Zeit wiederfinden, die post-gender oder zumindest in der Suche danach verfestigt ist. Ich les’ gerade Bell Hooks, eine feministische Autorin, sie hat unfassbar tolle Bücher über Feminismus und Klasse veröffentlicht – und über Liebe. Aktueller als Erich Fromm, weil sie nicht so binär, heteronormativ argumentiert. Und darum geht es ja auch bei uns: Puntilas Tochter Eva – gespielt von Marie-Luise Stockinger – und Matti erleben quasi am eigenen Leib den Schmerz, der über dem Stück liegt: Das scheinbar unaufhaltbare Fortschreiten von Klassenstrukturen.
Und was wird danach folgen?
Ich werde das Burgtheater verlassen, bleibe aber als Gast.
Die Burg ist doch das Ziel. Warum geht man nach zwei Saisonen?
Wenn man in einer derart privilegierten Situation mit einem festen Vertrag ist, muss man die Institution auch verteidigen können. Und wenn ich mich zu Hause in den Spiegel schaue, muss ich feststellen: Ich kann das gerade nicht ganz.
Obwohl sich vieles gebessert hat in den hierarchischen Strukturen?
Ich rede gar nicht von der Burg per se, sondern vom Theater an sich. Ich finde es fantastisch, dass es Theater gibt und dass sie derart gefördert werden. Aber Plätze, wo man gut sieht und hört, kosten mehr als 60 Euro. Das können sich nur wenige leisten. Derzeit brenne ich für etwas anderes viel mehr: Einen Tag nach der „Puntila“-Premiere, also am 30. März, wird bei der Diagonale in Graz mein Film „Callas, Darling“ Österreich-Premiere feiern.
Sie haben Ihr Debüt in Albanien gedreht, mit einem Minibudget von rund 30.000 Euro, und meinten danach, es sei total schief gegangen.
Man sagte mir gleich, ich hätte einen Poscher. Das war mir wurscht. Ich hatte Lust, auf die Schnauze zu fallen und daraus zu lernen. Aber auch wenn viel schiefgelaufen ist, kann man Dinge reparieren. Die Reparatur hat zwar länger gedauert, ist aber mit der Hilfe vieler vonstatten gegangen. Und da will ich weitermachen: Ich möchte mein zweites Drehbuch schreiben. Ich kann es kaum erwarten, mit dem nächsten Stoff anzufangen. Und diesmal lass’ ich mir ein bisschen Zeit. Ich bin 28, habe noch keine Kinder, meine Eltern sind fit. Also warum nicht?
Kommentare