Sunnydale klingt dem Namen nach eigentlich wie ein Ort, in dem es ganz fidel zugehen könnte. Wenn da nicht der Höllenschlund wäre. Der befindet sich genau unter der US-amerikanischen Kleinstadt. Und er ist nicht ganz dicht, sprich da kommt mitunter Infernalisches raus. Vampire, Werwölfe und allerlei andere Dämonen. Da ist es ganz praktisch, dass sich ausgerechnet in Sunnydale eine junge Frau angesiedelt hat, die mit all diesen Wesen recht spielend kurzen Prozess machen kann. Denn in Buffy Summers’ High-School-Rucksack ist das wichtigste Utensil der Holzpflock. Sie ist eine Vampirjägerin – eigentlich kann man sagen, sie ist die Vampirjägerin. Zumindest, was die Welt der Popkultur angeht.
Erfunden hat diese Figur der Drehbuchautor Joss Whedon – ursprünglich für einen Film. Das übliche Klischee aus Horrorfilmen, in denen wehrlose Frauen schreiend vor Monstern fliehen, wollte er auf den Kopf stellen. Das ist ihm mit Buffy gelungen, die nicht nur nicht schreit, sondern meistens noch in Bruce-Willis-Manier einen kessen Spruch auf Lager hat nach erfolgreicher Pfählung. 1998 wurde eine Serie aus dem Stoff und die machte schon in der ersten Szene ihre feministische Abkehr vom Erwartbaren klar: Da ist ein Pärchen nachts in der Highschool unterwegs. Das Mädchen fragt, ob hier wirklich niemand ist. Das tut sie aber nicht, weil sie sich fürchtet, sondern weil sie keine Zeugen will. Denn schon bald wird sie beherzt ihre Hauer im Hals ihres Begleiters versenken.
Jetzt wurde bekannt, dass 22 Jahre nach der letzten Folge eine neue Version der Serie produziert wird. Sogar Sarah Michelle Gellar, die Buffy meisterhaft als „Kungfu-Barbie“ gespielt hat, soll wieder dabei sein. Es war kein plumpes Monster-Haudrauf, das „Buffy – Im Bann der Dämonen“ sieben Staffeln lang bis 2003 eine nachhaltige Schar von Fans eingebracht hat. Vielmehr erzählte die Serie gekonnt mit den Mitteln des Horrorgenres – mild genug für das Nachmittagsprogramm – von Problemen und Irrwegen des Erwachsenwerdens der Heldin Buffy und ihrer Clique. Da gab es die fiese Cheerleaderin Cordelia, die graue Maus Willow (die eine Hexe wurde), den besonders normalen Xander und den „guten“ Vampir Angel, mit dem Buffy eine Liebesbeziehung hatte. Allein in dieser spiegelte sich einiges an Teenagerkummer, etwa als er nach dem ersten Sex kalt und herzlos wurde – weil er sich in einen „bösen“ Vampir verwandelt hatte.
Erste Liebe, Sexualität, Essstörungen, Abnabeln von den Eltern, Misstrauen gegenüber Autoritäten, Angst, nicht dazuzugehören, Entfremdung, Verlust, Tod – ein bunter Strauß an Adoleszenz-Themen, die sich hier mit übernatürlicher Symbolik, entsprechender Charakterentwicklung und einer Prise Humor abbilden ließen. Es kommt also nicht von ungefähr, dass „Buffy“ von manchen als Startschuss für die moderne Serien-Erzählkunst angesehen wird (andere denken, das waren die „Sopranos“).
Akademische Würden
Vor Experimenten schreckten die Macher nicht zurück, etwa mit einer Musical-Folge. Ganz ohne Musik kam wiederum eine düstere Folge aus, in der eine der wichtigsten Figuren stirbt. Wissenschaftliche Arbeiten – „Buffy Studies“ – über die Serie werden nach wie vor verfasst, die Themen reichen von einer „philosophischen Betrachtung über Subjektivität und Wahrheit“ über Vergleiche mit dem US-Krieg gegen den Terror bis zur Untersuchung des in der Buffy-Gang gesprochenen Slangs.
Später zeigte sich, dass Buffy besser auch mal beim Dreh eingegriffen hätte. Joss Whedon soll da ein toxisches Arbeitsumfeld geschaffen und besonders Frauen schlecht behandelt haben. Als „Joss-Whedon-Effekt“ bezeichnet man heute, wenn jemand als Feminist auftritt, sich aber gegenteilig verhält. Auch das spricht für die Qualität der Serie, dass ihr der Skandal nie geschadet hat. Auf Disney+ kann man sich selbst überzeugen, wie gut sie auch heute noch funktioniert.
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