Als der Matrose Ryuji in sein Leben tritt, ist er fasziniert. Ryuji ist zweiter Offizier auf einem Schiff, das Noboru mit seiner Mutter besichtigt hat. Ryuji, ein schöner Mann mit goldenen Schultern und hartem Blick. „Während viele Seeleute aus Liebe zum Meer zur See fahren, war Ryuji Seemann geworden, weil es das Land hasste.“
Da scheinen sich zwei gefunden zu haben, in Yukio Mishimas Roman „Der Held der See“. Auf Deutsch ist das Buch erstmals 1970 unter dem Titel „Der Seemann, der die See verriet“ erschienen, nun liegt es in einer Neuübersetzung vor.
Der ursprüngliche Titel deutet mehr von dem, was da noch kommen wird, an. Denn eine romantische Erzählung über eine japanische Patchwork-Familie folgt hier mitnichten. Schließlich waren in der Vorstellung des strengäugigen Matrosen Ryuji Ruhm, Tod und Frau immer verbunden – die klassische Mishima-Dreifaltigkeit: Schönheit, Tod und Erotik. Und der 13-Jährige, der das Meer liebte und folgerichtig auch den Matrosen bewundern wollte? Der kann sich nicht damit anfreunden, dass dieser das Meer für die Liebe verraten will.
„Der Held der See“ wurde verfilmt („Der Weg allen Fleisches“, 1976) und durch Hans Werner Henze zur Oper („Das verratene Meer“). Urheber Mishima war da längst tot. Sein Leben war so dramatisch wie seine Romane verlaufen, sein Ende romanreif drastisch. Er beging, wie man in Europa, nicht aber in Japan sagt, Harakiri.
Yukio Mishima, 1925 in Tokio geboren, gehörte zu den wichtigsten japanischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Er haute auch politisch ziemlich auf den Putz. Er war Nationalist, wetterte gegen „den Westen“, lobte den „Volksgeist“ und leistete sich eine Privatarmee. All das verhinderte, dass er 1968 den Nobelpreis bekam. Es trägt aber auch dazu bei, dass er heute noch als Kultfigur verehrt wird. Und sollte keinesfalls darüber hinwegtäuschen, dass Yukio Mishima bestechend schöne, hochelegante Literatur geschrieben hat.