Leider kann man sich in diesem Roman auf wirklich gar nichts verlassen.
Icherzählerin J.B. also berichtet: Patrick, 20 Jahre älter als sie, ist Filmprofessor, sie die beste Schülerin, man heiratet, sie folgt ihm aus den USA nach London. Anfangs sind die Rollen klar verteilt: Er ein Professor Higgins, sie seine gelehrige Eliza. Bald kehren sich die Rollen um. Sie wird immer erfolgreicher und er – sucht sich eine neue Eliza.
Doch so einfach ist diese Geschichte nicht gestrickt.
Kurz vor der Verleihung des Preises, von dem sie ihm nichts erzählen will, macht sich das Paar zu einer Kreuzfahrt auf, um wieder zueinanderzufinden. Polemisch könnte man jetzt sagen: Bei den meisten Paaren in der Krise bewirkt das zweiwöchige auf einem Schiff Gefangensein wohl das Gegenteil. Ist auch hier so. Glücklicherweise geht’s bei den meisten nicht so schlimm aus wie bei J.B. und Patrick. Während der Kreuzfahrt kommt ein Unwetter auf, Patrick geht über Bord und verschwindet. Wir erfahren das alles aus Sicht der Erzählerin. Die im Übrigen wirklich viel trinkt (er auch, so lange er noch kann). Das zieht sich durchs ganze Buch und man fragt sich zusehends, ob man es hier mit einer zuverlässigen Erzählerin zu tun hat.
Ist das echt?
Um Fragen nach Wahrheit und Authentizität kreist der ganze Roman, auch deshalb bleibt er bis zuletzt wirklich spannend. Zugleich stellt dieser clevere Beziehungsthriller Überlegungen zum Schreiben und zu Leser-Erwartungen an. Die vielfach ausgezeichnete Australierin Stephanie Bishop, Professorin für kreatives Schreiben, nimmt das sehr im Trend liegende autofiktionale Schreiben ziemlich in die Mangel: Das gezielte Verarbeiten der eigenen Biografie unter dem ständigen Hinweis, es handle sich um einen Roman. Dabei ist das Spiel mit (vermeintlicher) Authentizität ein garantierter Publikumserfolg. Auch die Erzählerin des vorliegenden Romans gibt sich diesem Spiel hin und auch sie beteuert: .„Schriftsteller lügen.“ Trotzdem wird ihr das Unvermögen der Öffentlichkeit (und vielleicht auch ihr eigenes), Biografie und Roman auseinanderzuhalten, zum Verhängnis. Was sie als Schriftstellerin in Romanen preisgibt, wird vor Gericht gegen sie als Mensch verwendet werden.
Was ist Erinnerung? „Lineare Geschichte ist immer eine Illusion, ein selektives Nacherzählen. Wie Fellini sagte: Ich bin ein Lügner, aber ein Großartiger.“