Meir Shalev: Feigenschnaps und ein hässliches Blind-Date

Meir Shalev: Feigenschnaps und ein hässliches Blind-Date
"Erzähl's nicht deinem Bruder": Der letzte Roman des großen israelischen Romanciers

Ein letztes Mal also ein neues Buch von Meir Shalev. Im vergangenen April, kurz vor seinem 75. Geburtstag, ist der Autor und stets kritische Kommentator gestorben. Viele Jahre hatte Shalev als Journalist gearbeitet und 1988 mit 40 Jahren sein erstes Buch „Ein Russischer Roman“ herausgebracht. Shalev zählte zu den renommiertesten Romanciers Israels, doch eigentlich habe er Wissenschafter werden wollen, erzählte er dem KURIER einmal. Seine Gartenliebeserklärung „Mein Wildgarten“ war eine Ahnung davon. Für sein bestes Buch hielt der leidenschaftliche Satiriker aber das Kinderbuch „Wie der Neandertaler den Kebab erfand“: „Der Neandertaler war ein vernünftiger Typ, der mit dem gelobten Land nichts am Hut hatte“.

Meir Shalev: Feigenschnaps und ein hässliches Blind-Date

Meir Shalev:
„Erzähl’s nicht deinem Bruder“.
Übersetzt von Ruth
Achlama. Diogenes.
304 S. 25,70€

Shalev war ein Verfechter der Zweistaaten-Lösung. Neunzehn Jahre alt waren er und sein Land, als er im Sechstagekrieg schwer verletzt wurde – ein Versehen aus eigenen Reihen. Nach dem Krieg setzte sich Shalev für die Rückgabe der besetzten Gebiete ein. Auch Shalevs letzter Protagonist Itamar Diskin leidet in „Erzähl’s nicht deinem Bruder“ an den Nachwehen eines arabisch-israelischen Krieges. Itamar, schön wie „König David und Cary Grant“, wie seine Mutter behauptet, lebt im selbst gewählten Exil in den USA, wohin er – auch – vor Jugenderinnerungen und einem gebrochenen Herzen geflüchtet ist. Der Schmerz liegt vierzig Jahre zurück, aber wenn er seinen Bruder in Israel besucht, ist immer noch die alte große Liebe Thema.

Diesmal kommt, beim traditionellen Feigenschnapsgelage, neben der Aufarbeitung von Familienerinnerungen auch der Bericht einer lange zurückliegenden, denkwürdigen Blind-Date-Erfahrung hinzu. Die Story hat Stephen King’sche „Misery“-Anklänge, lässt sich anfangs etwas trivial an. Durchhalten lohnt sich!