Ein alter, reicher Mann, eine große Nummer im Schweizer Politik- und Wirtschaftsleben, spürt das Ende nahen und will aufräumen. Er engagiert einen jungen Juristen, um Ordnung in seine Papiere zu bringen. Tatsächlich besteht dessen Hauptaufgabe darin, sich die Lebensgeschichte des Alten anzuhören. Diese beinhaltet, neben beruflichen, oft ergaunerten Erfolgsgeschichten, die Erzählung einer verlorenen Liebe. Die schöne Melody, deren Porträts die Räume der Villa des Mannes beherrschen, ist kurz vor der Hochzeit verschwunden. Wie und warum, erfährt man erst am Schluss dieses voltenreichen Krimis, der von Zürich über Marokko und Singapur auf eine griechische Insel führt. Die Zürcher Jugendunruhen der 1980er werden dabei ebenso gestreift wie das Thema Zwangsheirat, außerdem jede Menge Kultur-Trivia.
„Melody“, der neue Roman des Schweizer Bestsellerautors Martin Suter, ist echter Suter, den man nicht aus der Hand legen will, trotz mancher Altherrenklischees: Escort-Service? „Typisch Mann“. Ein appetitliches Suter-Klischee ist hingegen die Dominanz des Kulinarischen. Hier wird ständig getrunken und gegessen: Kürbisgnocchi, Orangenravioli, Hackbraten mit Ricotta. Schreit nach begleitendem Kochbuch? Umgekehrt, „Melody“ ist der Roman zum Kochbuch. Suter bedankt sich im Nachwort bei Kochbuchautorin Patrizia Fontana. Ebenso wichtig wie die Köchin ist natürlich der Schneider. Ein gut sitzender Anzug, erfährt man, verändere nicht nur das Äußere, sondern auch das Innere eines Mannes. Und: Ab einem gewissen Alter brauche ein Mann keinen Waschbrettbauch, sondern einen guten Schneider. Aber das ist vielleicht auch ein bisschen magisches Männer-Denken.