Das Loch in der Wand und die Ratte unter den Körpergeräuschen

Rainer ist neu im Haus, seine Wohnung im dritten Stock so etwas wie „ein Ort der Zuflucht“. Noch. Die Nachbarn, die Noldes, sieht Rainer anfangs selten, so, als wären diese „nachtaktiv“. Er hört bloß ihr Niesen und fragt sich, ob man von dieser „Ratte unter den Körpergeräuschen“ auf den Menschen schließen kann.
Das Einzige, was Rainer mit den Noldes verbindet, ist eine Wand, die an sein Wohnzimmer grenzt. Die bröckelt eines Tages und gibt das Gesicht Herrn Noldes frei, aus dem Rainer ein fröhliches „Hallo, Herr Nachbar“ entgegen tönt.
„Zur Zeit der Schneefälle“, der neue Roman des österreichischen Schriftstellers Hanno Millesi, wirkt surreal. Da ist dieses beinahe feindschaftlich-stille Wohnhaus, dessen biedermeierliche „heilige“ Ruhe ein unerklärliches Loch durchbohrt. Und es ändert sich: wenig. Von nun an lebt man mehr oder weniger Seite an Seite. Das Loch wird größer und bald beginnt man als Leser, an Rainers Verstand zu zweifeln. Der gewiss darunter gelitten hat, dass ihn seine Freundin verlassen hat. Kurz danach tauchte das Loch auf.
Millesis eleganter Humor und sein genauer, unaufgeregter Erzählstil verleihen der absurden Situation noch mehr Aberwitz. Rätselhaft bleibt dieses zart komische bis schauerliche Kammerspiel bis zuletzt.

Hanno Millesi:
„Zur Zeit der Schneefälle“
Sonderzahl.
180 Seiten.
25 Euro