Das skandalöse Leben der Peggy Guggenheim - ganz skandalfrei

Peggy Guggenheim sitzt an einem Schreibtisch. Sie trägt eine übergroße Sonnenbrille.
Kunstsammlerin und Mäzenin, Erbin und Fluchthelferin: Eine neue Biografie zeigt Peggy Guggenheim – abseits der Skandale.

Mit 45 Jahren setzte sich Peggy Guggenheim im Jahr 1944 an die Schreibmaschine. Schon früh wollte sie Bilanz ziehen und schrieb ihre Autobiografie. Ihr Arbeitstitel verrät bereits, dass diese zum Skandal werden sollte, zu einem „Succès de scandale“. „Five Husbands And Some Other Men“ lautete er. Im Original sind zwar die Männer aus dem Titel verschwunden („Out of This Century – The Informal Memoirs of Peggy Guggenheim“), nicht aber aus dem Inhalt.

„Es war ein provozierend offener Lebensbericht“, schreibt die Kunsthistorikerin Mona Horncastle in der neuen Biografie über die Kunstsammlerin – einer, der keine Intimität ausspart. Horncastle streift die vielen Männer der Peggy Guggenheim nur am Rande. Sie zeigt die Femme fatale als die bedeutende Mäzenin, als Kunstsammlerin, als Kunstvermittlerin, als eine Frau, die Künstlern half, vor den Nazis zu fliehen.

Geliebte und Familie

Aber natürlich: Ihre Geliebten, ihre Freunde, die Patchworkfamilie spielen eine Rolle in Guggenheims Leben und so auch in der Biografie. Guggenheims sexpositiver Feminismus sei gegen sie verwendet worden, schreibt die Kunsthistorikerin, und die Liste der chauvinistischen Kommentare zu Guggenheim ist lange. Viele Jahre lang wurden die immer gleichen Mechanismen bedient. Die Skandale standen an erster Stelle.

Die Kunsthistorikerin fragte sich aber, wie man Peggy Guggenheim biografieren würde, wenn sie ein Mann gewesen wäre. Wer war sie, was trieb sie an? Um diese Fragen zu beantworten, geht Horncastle zurück in die Geschichte der jüdischen Familien, die in New York reich wurden. 

Für die Kinder galten strenge Regeln

Peggy wollte sich jedoch nicht in ihre vorbestimmte Rolle fügen. Als sie 13 Jahre alt war, starb ihr Vater beim Untergang der Titanic. Sie gehörte nach dem Tod ihres Vaters zum armen Teil der Familie, wobei „arm“ relativ war. Es gab noch immer genug Geld, um sich auf Sinnsuche zu machen.

Als junge Frau faszinierte sie die Literatur, später entdeckte sie die moderne Kunst. Am Ende ihres Lebens sollte sie Werke von Marcel Duchamp, Max Ernst (ihr zweiter Ehemann), Paul Klee, Wassily Kandinsky und vielen mehr gesammelt haben. Sie förderte unter anderem Jackson Pollock. Außerdem zeigte sie erstmals eine Ausstellung ausschließlich mit Künstlerinnen. Trotz allem: „Immer wieder musste sie sich anhören, zu ungebildet und ohne jedes Kunstverständnis zu sein, auch als sie schon eine der bedeutendsten Kunstsammlungen zusammengetragen hatte“, erklärt Horncastle in einem Blog des Verlags. Guggenheim musste sich wehren und tat das schlagfertig: „Ich bin keine Kunstsammlerin. Ich bin ein Museum“, sagte sie.

Wer die Biografie aufschlägt, bekommt auch etwas zu sehen: Fotos von Peggy Guggenheim mit berühmten Künstlern, berühmten Bildern, ihrer Familie. Fotos aus ihrem Palazzo in Venedig, wo sie feierte, wohnte und das Museum betrieb. Alles gleichzeitig. Das weckt die Neugierde, doch mehr Einblicke in das private Leben der Peggy Guggenheim zu bekommen. Das müssen sich die Interessierten leider an anderer Stelle holen.

In blau gehaltenes Buchcover auf dem Peggy Guggenheim mit riesiger Sonnenbrille zu sehen ist

Mona Horncastle: „Peggy Guggenheim. Freigeist - Mäzenin - Femme fatale“. Molden,  224 Seiten, 30 Euro. 

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