Beethoven triumphiert über Störaktionen

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Aktivisten enterten die Saisoneröffnung im Musikverein.

Von Susanne Zobl

Dirigent Lahav Shani, die Geigerin Lisa Batiashvili und die Münchner Philharmonikern ließen sich nicht stören, als Aktivisten die Saisoneröffnung im Musikverein enterten. Gut so.

Mitten in die erste Solo-Passage von Beethovens Violinkonzert gellen Rufe.

Sie kommen von der linken Seite am Stehplatz des Musikvereins. Undeutlich ist so etwas wie „Palästina“ zu verstehen. Niederzischen und Ordnungsrufe aus dem Publikum helfen nur wenig. Fahnen werden ausgerollt. Als die Störer endlich entfernt werden, versuchen kreischende Frauenstimmen das Konzert zu unterbrechen. Vergeblich. Am Podium musizieren die Münchner Philharmoniker mit ihrem designierten Chefdirigenten Lahav Shani und der Geigerin Lisa Batiashvili. Die machen das Richtige. Sie spielen unbeirrt weiter.

Keine Chance

Auch ein Nachzügler, der von der anderen Seite Richtung Orchester stürmen will, aber rechtzeitig gestoppt wird, hat keine Chance. Der Trumpf geht an Beethoven und seine Interpreten. Die stehen seit einer Woche im Fokus der internationalen Nachrichten. Vergangene Woche hat das Flanders Festival in der belgischen Stadt Gent ein Konzert der Münchner Philharmoniker kurzfristig abgesagt, weil sich Lahav Shani, gebürtiger Israeli und Musikdirektor des Israel Philharmonic Orchestra, angeblich nicht deutlich genug von der Politik Netanjahus distanziere. In einem Interview räumte Festivalleiter Jan Briers später ein, dass Aktivisten gedroht hätten, sein Festival zu stören.

Eigene Konzertreihe

Der Intendant des Musikvereins, Stephan Pauly, lässt sich indessen nicht aus dem Konzept bringen. Er eröffnete mit diesem Dirigenten die aktuelle Saison und richtet ihm eine eigene Konzertreihe ein. In seiner Rede zum Saisonbeginn betonte Pauly, dass Shani für Frieden und Versöhnung stehe, was dieser selbst in einem Künstlergespräch vor Publikum betont hatte. Daniel Barenboim nahm Shani als Jugendlichen Kontrabassisten in seinem West-Eastern Divan Orchestra auf, in dem Juden und Araber spielen, und wurde sein Mentor. Heute dirigiert Shani Barenboims Orchester, 2018 wurde er Chef von Rotterdam Philharmonic, 2020 übernahm er das Israel Philharmonic Orchestra von Zubin Mehta.

Virtuos intoniert

Zu Beginn der Spielzeit 2026 tritt er sein Amt als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker an. Wie eng Dirigent und Orchester verbunden sind, war bereits im erwähnten ersten Satz von Beethovens Violinkonzert zu spüren. Als Bataishvili ganz in sich gekehrt die Kadenz von Alfred Schnittke virtuos intonierte, zählte im Saal nur noch die Musik. Besonders zartfühlend gerät der langsame Satz, Spielfreude dominiert das Finale.

Bei Sergej Rachmaninows „Symphonischen Tänzen“, op. 45 demonstriert Shani die Qualitäten seines präzise intonierenden Orchesters. Elgars „Nimrod“ als Zugabe klang wie ein musikalischer Trost in düsteren Zeiten. Ovationen.