Hätten die Beatles auch auf Tiktok funktioniert? Die Frage stellt sich fast unweigerlich, wenn man durch die aktuelle Ausstellung im Wiener Westlicht (bis 6. 8. 2023) wandelt. Die Schau zeigt neben Promotion- und Konzertfotos der vermutlich bis heute berühmtesten Band der Welt auch das Umfeld, in dem diese Bilder einst wirkten: Volltapezierte Teenager-Zimmer, Illustrierte, Plattencovers, lebensgroße „Starschnitt“-Poster aus dem Magazin Bravo. Jede Generation hat ihre Stars, und jede Star-Generation hat ihre Medien.
Die Bravo (in Österreich auch: „das Bravo-Heftl“) ist der Kristallisationspunkt der Schau, die Kurator Fabian Knierim aus zahlreichen Leihgaben und Beständen der hauseigenen Ostlicht-Sammlung zusammenstellte. Auslöser für das Projekt war ein bisher kaum bekanntes Konvolut des Fotografen Peter Brüchmann, der 1966 die „Bravo Blitz-Tournee“ der Beatles in München und Hamburg begleitet hatte.
Beatlemania in Deutschland
Die Teenager-Illustrierte trat bei dieser einzigen Deutschlandtour der Fab Four als Sponsor auf und musste trotz hoher Ticketpreise ordentlich Geld zuschießen, erzählt der Kurator. Doch es lohnte sich: Das Ereignis mit ausführlichen Vor-, Nach- und Zwischenberichten – eine Wand versammelt viele Hefte mit Beatles-Cover – bescherte der Bravo traumhafte Auflagen. Die Rolling Stones hatten im Vergleich wenig Präsenz, so Knierim.
Die Tour 1966 ist das Scharnier, das die Erzählung der Ausstellung in ein „Davor“ und ein „Danach“ teilt. Die erste Sektion macht dabei deutlich, wie die Beatles auch optisch zu einem Phänomen wurden, das aus den zahlreichen Beat-Bands der Epoche hervorstach.
Beim Übergang von der Elvis-Tolle zum Pilzkopf-Look spielte die Hamburgerin Astrid Kirchherr, selbst gelernte Fotografin, eine wichtige Rolle. Styling-Ideen des Managers Brian Epstein taten das ihre. Doch es lag auch an einer speziellen Dynamik zwischen Band und Fotografen, dass die Beatles aus den inszenierten Fotos jener Zeit heraustreten und ihren Fans als nahbare, feixende, sympathische Typen entgegentreten konnten. Der Österreich-Besuch der vier bei Filmaufnahmen in Obertauern 1965 – in der Schau mit Bildern eines anonymen Fotografen und nicht mit den bekannteren Aufnahmen von Christian Skrein dokumentiert – ist typisch für diese Spontaneität.
Doch bekanntlich hielten die Beatles ihre exponierte Position und die zehrenden Live-Tourneen nicht lange durch. Nach dem Rückzug der Band ins Studio ist auch in den Bildern ein Schwenk zum durchdachten Konzept bemerkbar.
Die Schau lädt hier zum Vergleich mehrerer Aufnahmen der berühmten Zebrastreifenüberschreitung in der Londoner Abbey Road ein, widmet sich der Inszenierung des „Sgt. Pepper“-Albums und zeigt die Porträts des Star-Fotografen Richard Avedon von 1967. Die Fab Four sind darin aufgelöst in Farben und Symbole – moderne Ikonen eben. Dass der Beatles-Kult auch ein Bilderkult war, wird selten deutlicher sichtbar als hier.
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