"Augustin - das Musical" in Amstetten: Hits von Ambros in der Pestgrube

Vincent Bueno als Augustin und Hannah Severin als Corinna
„Ich bin nicht liab.“ Das stellt der Augustin gleich zu Beginn klar. Aber das ist natürlich nicht ernst gemeint, denn er ist einer, der das Herz am richtigen Fleck hat. "A Mensch mecht i bleib’n", singt er zwei Stunden später in der restlos ausverkauften Pölz-Halle in Amstetten – und schickt mit dem Lied von Wolfgang Ambros das sichtlich ergriffene Publikum mit einer klaren Botschaft nach Hause: Geld ist nicht alles. Was zählt, ist die Liebe. Und das Leben gehört gelebt. Man lebt nämlich nur einmal.
Der Musical Sommer Amstetten zeigt heuer die Uraufführung von "Augustin - das Musical". Es basiert auf dem gleichnamigen Hörspiel von Wolfgang Ambros, Joesi Prokopetz und Manfred Tauchen – erweitert wurde es u. a. um Hits von Ambros, ausgestattet mit unzähligen Austropop-Anspielungen.
Thomas Kahry und Christoph Weyers haben sich der Geschichte des Wiener Stadtoriginals, Volkssängers und G’schichtl-Druckers namens Augustin angenommen und bringen es unter der Regie von Intendant Alex Balga als Musical zum ersten Mal auf die Bühne. Durchaus ein Wagnis, eines, das sich ausgezahlt hat, wie die Premiere am Donnerstagabend zeigte.
Halb Wien ist auf Koffein
Ort des Geschehens ist Wien, genauer gesagt das legendäre Kaffeehaus Kolschitzky, wo einst im 17. Jahrhundert der erste von den Türken zurückgelassene Kaffee verkauft wurde – mit Koffein, versteht sich. „Weil san ma uns ehrlich, was hätt a Kaffee für an Sinn ohne Koffein?“ heißt es im dazugehörigen Lied. Im Kolschitzky treiben sich nicht nur Adelige, sondern auch verlorene, arme Seelen herum. Dazu gehört auch der Augustin. Verkörpert wird er von Vincent Bueno, der wesentlich glücklicher und überzeugender agiert als beim Eurovision Song Contest 2021 in Rotterdam, wo er bereits im Halbfinale ausschied.

Der Augustin mit einem Lied für seine Corinna, die im Rathaus wohnt: "Du bist die Blume aus dem Regierungsbau"
Das Stück atmet jene Erzählung, die Augustin bis heute so berühmt macht. Es geht um Unbekümmertheit, um die Hoffnung in hoffnungslosen Zeiten. Erzählt wird eine Geschichte über Liebe, Tod, Freundschaft – das Leben. Es wird getrunken und gelacht, gesungen und getanzt, geweint und gestorben. Auch wenn man patschert und besoffen durch die Straßen zieht, geht am Ende immer irgendwo ein Licht auf – auch dann, wenn man in der Pestgrube landet.
Das passende Lied
Die Handlung ist schnell erklärt, passt auf einen Bierdeckel: Augustin ist in Corinna (Hannah Severin) verliebt. Anfangs natürlich unglücklich, weil die Angebetete die Tochter des Bürgermeisters (Franz Frickel) ist. Warum sollte so ein Mädchen aus gutem Hause etwas mit einem "Hurenkind" anfangen? So bezeichnet Corinnas Mutter (Alexandra Frankl) den (liaben) Augustin. In ihren Augen ist er ein Loser, ein Musiker, den niemand hören will, ein Nichtsnutz, ein Crétin, der seine dreckigen Finger von ihrer Tochter lassen soll. Aber die Liebe wird am Ende siegen. Auch deshalb, weil Augustin nicht locker lässt.
Augustin begegnet den widrigen Umständen (keine Arbeit, kein Geld, keine Zukunft) mit Leichtigkeit. Mit Rat und Tat zur Seite stehen ihm seine besten Freunde: der Rudi, der gerne einen zu viel trinkt, aber stets mit einem Gedicht zur Stelle ist, und Schab den Rüssel, der kreative Problemlöser des Trios.

Carin Filipčić als Kolschitzky
Spielfreude
Das großartig aufspielende Ensemble springt, tanzt und singt sich spielerisch durch den Abend. Es wirkt so, als hätten alle Beteiligten sehr viel Spaß an der Sache. Stimmlich wird die Luft zwar immer wieder mal nach oben hin etwas dünn, aber es geht sich bei allen meistens aus.
Die Band, die im Hintergrund voller Spielfreude agiert und die Hits von Ambros groovig interpretiert, könnte zwar phasenweise druckvoller sein, aber man ist ja in einem Musical und nicht auf einem Konzert. Das Bühnenbild ist gelungen, überzeugt mit kreativen Elementen. Die Outfits sitzen, der Schmäh rennt, der Spritzwein fließt. Das Stück macht einfach nur Freude.
Es wird finster
Nach der Pause betritt der Tod (Carin Filipčić) die Bühne. Damit geht es mit der Stimmung erst einmal in den Keller, in die Pestgrube. Es wird die "Finsternis", der "Zentralfriedhof", das Leben ("Hängebruckn") und der "schwoaze Afghane" besungen. Aber selbst die aufplatzenden Eiterbeulen der Toten (soundtechnisch nachdrücklich untermalt: plop!, plop!, plop!) und die abscheulichen Gemeinheiten von Corinnas Mutter, der "Gspritzten", können der Liebe zwischen Augustin und Corinna nichts anhaben. Wer liab ist und liebt, überlebt eben auch eine Nacht in der Pestgrube. Großer Jubel!
Gespielt wird "Augustin" noch bis 10. August. Infos und Karten: https://www.avb.am/avb-musical-sommer-2025
Der Cast: Vincent Bueno/Augustin, Hannah Severin/Corinna, Matthias Trattner/Rudi, Simon Stockinger/Schab den Rüssel, Alexandra Frankl/Frau Tepser, Franz Frickel/Bürgermeister Tepser, Carin Filipčić/Tod/Kolschitzky, Markus Schöttl/Prinz Eugen/Pestknecht, Martin Pasching/Graf Starhemberg/Pestknecht, Lilly Rottensteiner/Witwe Mehlwurm und Manuel Ernst/Puffan.
Kommentare