Analyse: Auch Disney macht Fortschritte

Disneys Live-Action-Remake von „Die Schöne und das Biest“ mit Emma Watson als patenter Heldin und einem „schwulen Moment“ auf der Leinwand wurde zum Riesenerfolg
Disneys Live-Action-Remakes melken Nostalgie und bessern Fehler aus – aber warum nicht gleich neue Filme machen?

Prinzessinnen warten nicht mehr (ausschließlich) auf ihre Märchenprinzen.

Junge Frauen streben eigene Karrieren an und können sich wehren. Es gibt nicht mehr nur weiße Hauptdarsteller. Und ja, sogar schwule „Momente“ haben eine (kurze) Chance auf einen Leinwandauftritt.

Disney reloaded. Das Maus-Studio betreibt gerade heftiges Eigenblut-Doping, indem es seine größten Animations-Hits als Live-Action-Filme an die Kinokassen schickt. Besonders die Erfolgstrickfilme aus der sogenannten Renaissance-Periode – entstanden zwischen 1989 und 1999 – erfahren gerade intensive Remake-Schübe. Der fotorealistisch neuverfilmte „Der König der Löwen“ brüllt seinem ersten Eröffnungswochenende entgegen: Die Einspielergebnisse werden royal ausfallen.

„Der König der Löwen“ bleibt natürlich nicht allein, sondern kommt im Rudel: Heuer gaben bereits mit „Dumbo“ und „Aladdin“ zwei weitere Neo-Klassiker ihr Debüt als Live-Action-Film. Andere folgen.

Kindheitserinnerung

Arielle, die Meerjungfrau“, zum Beispiel. Die rothaarige Nixe läutete mit ihrem Erscheinen 1989 Disneys erfolgreiche Renaissance ein. Kaum vorstellbar, in wie vielen Kinderzimmern die Lieder aus „Arielle“ geträllert wurden. Aus diesen Kindern wurden kaufkräftige Erwachsene, deren Nostalgie-Gefühle finanziell gemolken werden müssen. Also wird es ein Live-Action-Remake von „Arielle“ geben.

Analyse: Auch Disney macht Fortschritte

Reif für ein Remake? "Arielle, die Meerjungfrau"

Als Disney die Besetzung der Rolle der Arielle verlautete, gab es Unmut unter den Fans. Die neue Arielle heißt Halle Bailey und ist schwarz. Auf Twitter gab es empörte, rassistische Wortmeldungen wie: Ich bin nicht rassistisch, aber Disney ruiniert meine Kindheitserinnerungen.

Und: Halle Bailey hat keine roten Haare.

Doch Disney hat den Zug der Zeit klar erkannt: Diversität zahlt sich aus, haben US-Studien herausgefunden. Nicht nur wurde der Mythos, wonach Frauen keine großen Filme erfolgreich durch das Boxoffice tragen können, entlarvt. Spätestens seit die Einspielergebnisse von „Wonder Woman“ durch die Decke gingen, weiß man, dass Hauptdarstellerinnen mindestens genauso so großes Potenzial wie Männer haben – wenn man sie lässt.

Aber auch die Diversität der Besetzung eines Films rechnet sich an den Kassen: Wenn mindestens 30 Prozent der Schauspielerriege aus nicht-weißen Menschen besteht, lassen sich höhere Einspielergebnisse verzeichnen. Disneys Entscheidung, eine schwarze Arielle zu casten, ist also nicht nur edel und fortschrittlich, sondern potenziell auch geschäftsfördernd.

Aber wie ist das nun mit den progressiven Disney-Remakes in eigener Sache?

Den Vorwurf des „Whitewashing“ muss sich Hollywood immer wieder gefallen lassen. Disneys Wahl der Schauspieler für „Aladdin“, die Wurzeln im Nahen Osten haben, zeugt von dem Bemühen, andere Kulturen und deren Vertreter nicht nur als exotischen Hintergrund zu benutzen.

Zurück nach China

Für das Live-Remake von „Mulan“, das Anfang 2020 in die Kinos kommt, hat sich das Studio für eine amerikanisch-chinesische Darstellerin entschieden und um kulturelle Authentizität bemüht. Kein Wunder: China stellt einen immens großen Absatzmarkt für die US-Studios dar.

Und die klischeebelastete „Mulan“-Originalfassung von 1998 floppte in China.

Disney kehrt also in seine Produktionsvergangenheit zurück und versucht, alte Fehler auszubügeln. Um der Nostalgie willen – und der Gier nach Geld.

Aber warum nicht gleich neue, originelle Stoffe schneidern, unbelastet von sexistischen oder rassistischen Klischeevorstellungen und fehlgeleiteten Erwartungen von Fans?

Mit „Viana“ oder „Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ hat die Maus umwerfende, patente Heldinnen ins Spiel gebracht, mit dem Disney-Marvel-Film „Black Panther“ einen wichtigen Beitrag zur schwarzen Diaspora geleistet, mit „Coco“ unangestrengt Mexikaner zu Hauptdarstellern gemacht.

Und die Kinokassen haben auch (sehr laut) geklingelt.

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