300 Jahre Belvedere: Österreichs Haus der Kunst-Geschichte

Dass im Jahr 2023 im Belvedere ein 300-Jahr-Jubiläum begangen wird, entbehrt nicht einer gewissen Willkür – wie bereits berichtet, ließen sich auch andere „Gründungsdaten“ heranziehen als die Fertigstellung des Oberen Belvedere-Schlosses im Jahr 1723.
Es ist aber keineswegs verkehrt, immer wieder daran zu erinnern, welche Rolle das Belvedere – das Schloss, aber auch das Museum – für die Kunstgeschichte und die Heranbildung des österreichischen Selbstverständnisses gespielt hat. Diese Aufgabe erfüllt die Schau „Das Belvedere – 300 Jahre Ort der Kunst“ hervorragend: Ausgewählte Sammlungsobjekte sind hier entlang einer Zeitachse derart arrangiert, dass die Vertiefung in verschiedene Facetten der Geschichte gelingt.
Dass die Sammlung des Kunstfreunds und Belvedere-Posterboys Prinz Eugen im Museum praktisch keine Rolle spielt, weil sie 1741 großteils nach Turin verkauft worden war, ist dem heutigen Besucher wenig präsent. Ebenso wenig die Rolle, die dem Schweizer Kupferstecher Christian Mechel zukam: Nachdem Maria Theresia 1777 das Obere Belvedere öffentlich zugänglich gemacht hatte, oblag es ihm, die Kaiserliche Gemäldesammlung neu zu ordnen. Mechel tat es nach geografischen „Schulen“ – und schuf so ein Modell, das in Kunstmuseen und der Kunstgeschichtsschreibung bis heute weltweit nachwirkt.
Hin und Her
Für das Belvedere geht die Geschichte hier aber erst los. Die Übersiedlung kaiserlicher Bestände ins 1891 eröffnete Kunsthistorische Museum verlagerte den Fokus stärker auf Zeitgenossen, die Eröffnung der „Modernen Galerie“ im Jahr 1903 verlieh dieser Entwicklung einen Turbo.

Das Ende der Monarchie wiederum machte das Belvedere zu einem Versuchslabor, das „Österreichische“ der Kunst herauszufiltern: Die Einrichtung eines Barockmuseums 1923 oder die Bündelung der Mittelalter-Bestände 1953 galt immer auch der Identitätsbildung. Wie schwer sich das Kulturerbe in der Realität eingrenzen ließ und lässt, wissen Beobachter von Museumsdebatten („Warum ist Ausstellung X im Museum Y und nicht im Museum Z?“) bis heute.
Keine Geschichte des Belvedere wäre freilich komplett ohne die NS-Zeit und den Austrofaschismus: Dass sich in den Depots hierzu noch vieles finden lässt, legen einige Exponate nahe. Enteignung, die Abpressung von Werken und deren Restitution gehören ebenso fix zur Erzählung. Wenngleich hier viel passiert ist, zeigt die Schau auch einen weiterhin offenen Prozess – etwa mit Bildern, die restituiert werden müssten, deren Anspruchsberechtigte aber nicht ausfindig gemacht werden konnten.
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