Lieber Herr S., leider geht es derzeit vielen Menschen so wie Ihrer Freundin. Die Arbeitslosenzahlen sind durch die Covid-19-Pandemie stark gestiegen. Umso wichtiger sind daher nun gute Bewerbungsunterlagen, um möglichst rasch einen neuen Job zu finden.
Die Hauptfunktion eines Arbeitszeugnisses ist daher auch die Verwendung als Bewerbungsunterlagen. Es soll dabei dem Arbeitssuchenden als Nachweis über seine vorherige Beschäftigung dienen und dem möglichen neuen Arbeitgeber helfen, die Qualifikation des Bewerbers besser kennenzulernen.
Grundsätzlich besteht nur ein Anspruch auf ein Dienstzeugnis über die Dauer und die Art der Beschäftigung. Es besteht kein Anspruch des Dienstnehmers auf ein qualifiziertes Dienstzeugnis, in dem auch dargelegt wird, wie gut die Arbeit verrichtet wurde. Allerdings darf durch das Fehlen einer entsprechenden Formulierung die Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes nicht erschwert werden.
Das Dienstzeugnis muss in einer Art und Weise geschrieben sein, die weder durch seinen Inhalt noch durch die äußere Form das Finden eines neuen Arbeitsplatzes erschwert. Insbesondere darf das Dienstzeugnis keine mangelnde Wertschätzung des Arbeitgebers für seinen früheren Arbeitnehmer erkennen lassen.
Der Arbeitgeber muss daher sowohl auf den Inhalt als auch auf die äußere Form achten. So sollte ein Dienstzeugnis weder Rechtschreib- noch Grammatikfehler enthalten. Auch das Layout und das verwendete Papier sollten so gewählt werden, dass dem Dienstnehmer die Erlangung eines neuen Jobs dadurch nicht erschwert wird.
Erfüllt das Dienstzeugnis diese Formvorschriften nicht, so hat der Arbeitnehmer Anspruch darauf, ein neues Dienstzeugnis ausgestellt zu bekommen.
Als nicht berichtigungswürdig wurden allerdings ein geringfügiger Grammatikfehler in einem sonst richtigen und vollständigen Dienstzeugnis angesehen, sowie unterschiedliche Zeilenabstände, ein fehlender Punkt und das Ausschreiben eines Geburtsmonats des Arbeitnehmers im Gegensatz zur Bezifferung der Monate seines Beschäftigungsbeginns und -endes.
Sollten hingegen Dienstzeiten oder Angaben über die ausgeübte Tätigkeit fehlen, so müsste der Arbeitgeber ein neues Dienstzeugnis ausstellen.
Da Ihre Freundin ihr Dienstzeugnis bei zukünftigen Bewerbungen vorweisen muss, rate ich ihr, genau zu kontrollieren, ob in ihrem Dienstzeugnis ihre Dienstzeiten und ihre ausgeübte Tätigkeit richtig angegeben sind.
Auch sollte sie genau darauf achten, dass das Dienstzeugnis keine Rechtschreib- und Grammatikfehler enthält. Für den Fall, dass das übergebene Dienstzeugnis die Formvorschriften nicht erfüllt, hat Ihre Freundin das Recht, ein neues fehlerfreies Dienstzeugnis von ihrem ehemaligen Arbeitgeber zu verlangen.
rechtpraktisch@kurier.at
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