Vea Kaisers "Fabelhafte Welt": Meditation zu Allerheiligen
Ein paar Gedanken über die Bedeutung, die verwandte und nicht verwandte Menschen in unserem Leben haben können
Als ich unlängst Laufschuhe, Badeanzug und Yogahose in den Lesereisekoffer packte, musste ich an meinen Onkel denken. In meiner Kindheit arbeitete er im Außendienst einer Medizintechnikfirma und reiste durch das Land. Einmal kletterte ich in den Kofferraum seines Autos und fand dort ein Handtuch, eine Badehose und Skischuhe.
"Wenn man beruflich viel unterwegs ist, sollte man stets darauf vorbereitet sein, sich bei Gelegenheit Gutes zu tun!", erklärte er mir und ahnte wahrscheinlich nicht, dass ich diesen Ratschlag dreißig Jahre später wöchentlich beherzigen würde. Neben der Sportkleidung lag ein Sack mit den hübschen Kleidern, in denen ich auftrete. Eines war das Geschenk einer Nachbarin, zu der meine Kinder selbstverständlich Tante sagen. Sie, die bestgekleidete Frau des Landes, hat mir alles über Mode beigebracht, was ich weiß.
Apropos Kinder: Während ich unterwegs bin, werden sie vor allem von meiner wunderbaren Mama umsorgt, und in der Regel vermissen sie mich nicht. Das kratzt an meinem Mutterego, macht mich aber vorrangig froh, weil das Leben umso reicher ist, je mehr Menschen einem Gutes wollen.
Seit zwei Jahren ist mein geliebter Opa nicht mehr mit uns, doch was er mir gegeben hat, wird nie verschwinden. Er war der Mensch, der bedingungslos und immer an mich geglaubt hat. Meinen Koffer kann eine Airline verlieren, mein Grundvertrauen bzw. Selbstvertrauen nicht. Auf die Bedeutung der eigenen Eltern wird von der Bibel bis zu den Fluten an Psychologie-Podcasts ständig hingewiesen. Doch vergessen wir nicht all die lieben Cousinen, Nachbarn, Lehrerinnen, Onkel, Großeltern …, die ebenso einen Beitrag dazu leisteten, dass wir wurden, wer wir sind – egal, ob sie noch mit uns feiern oder nicht mehr sind.
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