Wer austeilt, sollte auch einstecken können

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"Tagebuch": Der FC Bayern verhängte einen Medienboykott. Und handelte sich einen Rüffel von der Journalistengewerkschaft ein.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Am 12. August unterlag Frankfurt im Supercup den Bayern bei Adi Hütters Trainerpremiere 0:5. Als Frankfurt auch der Liga-Start misslang, war der Österreicher medial schon angezählt. Von denselben Experten, die ein neuerliches Meister-Solo der Bayern prophezeiten und eine Prolongation der Liga-Fadesse befürchteten. Acht Runden danach ist alles anders.

Hütters Frankfurter sind keine armen Würstln mehr, sie orientieren sich nach einem 7:1 gegen Düsseldorf sogar Richtung Spitze.Und die vermeintlichen Überdrüber-Bayern? Sie betrieben zwar mit einem 3:1 in Wolfsburg nach vier sieglosen Spielen Wiedergutmachung. In die Bundesliga-Geschichte aber wird nicht der Erfolg in Wolfsburg eingehen, sondern der verbale, pauschal gegen die Medien gerichtete Rundumschlag ihrer obersten Lederhosenträger Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge.

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Dass Tormann Manuel Neuer per Bild-Schlagzeile („Er hält schlecht wie nie“) bloßgestellt; dass das vom Innenverteidiger-Duo Jérôme Boateng/Mats Hummels Gezeigte Altherren-Kick genannt; dass die Krise des deutschen Nationalteams dem FC Bayern angelastet wurde – diese Summe an Kritik ließ die Münchner Capos durchdrehen. Dazu legten die ehemaligen Nationalspieler Olaf Thon, Stefan Effenberg und Lothar Matthäus als Honorarkritiker ein mit Zyankali getränktes Schäuferl nach, worüber sich Hoeneß und Rummenigge erst recht gifteten. Ihre einzigartige Reaktion:

Der FC Bayern verhängte einen Medienboykott. Und handelte sich einen massiven Rüffel von der Journalistengewerkschaft ein. Selbst Neutrale orten bayrische Scheinheiligkeit.

Tatsächlich stinkt’s nach Doppelmoral, wenn Hoeneß pauschal den Medien respektlose Wortwahl vorwirft und er im nächsten Atemzug den Verkauf von Juan Bernat damit rechtfertigt, dass der einen „Scheißdreck“ gespielt habe.

Der Spanier (jetzt Paris SG) war der erste Ersatz von David Alaba. Alaba, 26, wird sich hüten, sich zu dem Bayern-Wirbel äußern. Der Schmähbruder aus Wien-Aspern hatte bei der Münchner Medienschulung aufgepasst. Zumindest in Mikrofonnähe zieht er es vor, viel zu reden und wenig zu sagen.

Marc Janko, 35, stammt noch aus einer anderer Generation, die sich nicht nur auf monotones Phrasendreschen beschränkt. Das aktuelle KURIER-Interview mit Janko ist ein lesenswertes Beispiel dafür. Beim ÖFB wurde es vor Erscheinen gegengelesen. Und nicht zensuriert. Und damit bewiesen, dass es doch noch Funktionäre gibt, die Kritik vertragen.wolfgang.winheim

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